Dorothee Sölle

Für den Reformator Johannes Calvin bedeutete Arbeit eine Art Gottesdienst. „Wenn wir unserem Beruf gehorchen", schreibt er, „so wird kein Werk so unansehnlich und gering sein, dass es nicht vor Gott leuchtet und für sehr köstlich gehalten würde." Der anständig arbeitende Mensch folgt also christlichem Gehorsamsprinzip.

Gedanken für den Tag 28.4.2017 zum Nachhören:

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Dem steht das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen gegenüber, wie es die 2003 verstorbene lutherisch-protestantische Theologin Dorothee Sölle vertrat. Einem ihrer Hauptwerke hat sie den Titel „Lieben und arbeiten“ gegeben. Mit einem provozierenden Untertitel allerdings: Eine Theologie der Schöpfung.

Hubert Gaisbauer
ist Publizist

Logik des Profits

Nach Gottes Ebenbild geschaffen sein bedeute eben, dass wir arbeiten und lieben können. „Ganz bewusst“, schreibt Sölle, „versuche ich eine Theologie der Schöpfung zu entwerfen, in der Energie, Aktivität und schöpferische Kraft des Menschen blühen“. Denn „Er“, und Dorothee Sölle meint Gott, „hat keine anderen Hände als unsere.“ Der Mensch ist ermächtigt, zumindest Mitverantwortung für die Schöpfung zu übernehmen.

Das Dilemma ist, dass Arbeit zuallererst nicht mit Schöpfung sondern mit Geld in Verbindung gebracht wird: Arbeit wird nach ihrem finanziellen Ertrag bewertet und so ihres eigentlichen Sinnes beraubt. Damit wird nicht nur der Arbeit, sondern auch dem Menschen die Würde genommen. Die Arbeitenden haben sich der Logik des Profits zu unterwerfen, in dem Werte wie Rücksichtnahme oder Hilfsbereitschaft keine Bedeutung mehr haben. Liebe hat keine Logik.

Musik:

Mark Lubotsky, Violine: „Giga“ aus: Partita No. 2 in D minor / d moll BWV 1004 von Johann Sebastian Bach
Label: Brilliant Classics 93102/11