Die leisen Stimmen

Manche Musikstücke höre ich gerne in großer Lautstärke. Musik von Mahler, Wagner, oder auch Richard Strauss. Aber eigentlich mag ich laut nicht so gerne. Wie auch volle Räume nicht.

Gedanken für den Tag 4.5.2017 zum Nachhören:

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Wenn es wo voll oder laut ist drohen die leisen Töne, die feinen Nuancen, verloren zu gehen. Laut überdeckt dann leise, oft verbunden mit einer Art Unterdrückung, zumeist vielleicht gar nicht bewusst.

„Singet leise, leise, leise...“

Menschen gewöhnen sich recht schnell an große Lautstärken. Manchmal habe ich das Gefühl, einige erleben leise bereits als fast unhörbar, verwechseln es mit langweilig, mit weniger wichtig. Manche können etwa Stille kaum mehr ertragen, haben das Bedürfnis, sich dauerbeschallen zu müssen, um sich nicht einsam zu fühlen.

Daniel Landau
ist Lehrer und Dirigent

Ich mag leise, so wie ich auch in den meisten Situationen ein ehrliches, feines, stilles Lächeln den Schenkelklopfern, ihren lauten Lachern, vorziehe. Vielleicht ist es ungerecht, aber leisere Menschen scheinen mir öfter als die rücksichtsvolleren, als diejenigen, die in Wahrheit möglicherweise sogar mehr zu sagen hätten. Wir jedoch, wir alle, laufen heute zunehmend Gefahr, die leisen Stimmen zu überhören. Wie auch die feinen und leisen Töne insgesamt.

Mir kommt hierzu das Wiegenlied von Clemens Brentano in den Sinn: Singet leise, leise, leise, singt ein flüsternd Wiegenlied, von dem Monde lernt die Weise, der so still am Himmel zieht. Singt ein Lied so süß gelinde, wie die Quellen auf den Kieseln, wie die Bienen um die Linde summen, murmeln, flüstern, rieseln.

Musik:

Solveig Funseth/Klavier: „Vagornas vaggsang“ / Wiegenlied der Wellen - Nr. 1 aus „5 Tondichtungen für Klavier“ op. 7 von Valborg Aulin
Label: Swedish Society Discofil SCD 1043