Zweifel und Vertrauen

Glauben und Zweifel – eine gängige Formulierung im Kontext von monotheistischen Religionen. Nicht wirklich passend für mich im Kontext mit der nicht-theistischen Religion des Buddhismus: Hier würde ich von Zweifel und Vertrauen sprechen.

Gedanken für den Tag 9.5.2017 zum Nachhören:

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Ein Freund fragte mich einmal: „Du hast immer gesagt, wenn dir eines Tages ernsthafte Zweifel an der Lehre des Buddha kommen, würdest du diesen Weg verlassen – hattest du bis heute schon ernsthafte Zweifel?“ Meine Antwort ist: „Ja, ich habe immer ernsthafte Zweifel – aber nicht an der grundsätzlichen Stimmigkeit und Wirksamkeit der Buddha-Lehre, sondern an meinem Verständnis der Lehre und meiner Praxis der Umsetzung“.

Gerhard Weißgrab
ist Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft in Österreich

Auftrag des Buddha

Und bis heute verstehe ich diesen Zweifel als ganz wichtigen Treibstoff für diesen Weg. Ich halte den Zweifel für eine Grundvoraussetzung, um den Weg ernsthaft weiter gehen zu können. Ich glaube, wenn der Zweifel endet, dann steht man in einer Sackgasse. Was allerdings auch nie enden darf, ist das Vertrauen in die Wirksamkeit des Weges. So absurd das vielleicht klingen mag, aber für mich ist der Zweifel auch die Garantie meines Vertrauens in die Wirksamkeit des Weges.

Solange ich zweifle, bin ich achtsam auf das, was ich mache und wie ich praktiziere. Der Zweifel ist auch die Wurzel dafür, mich ständig weiter in die Lehre zu vertiefen. Der Zweifel treibt mich an, besser verstehen zu wollen. Er deckt meine Lücken auf und motiviert mich, diese zu füllen. Damit komme ich ganz dem Auftrag des Buddha nach, der gesagt hat: „Nicht weil ich es gesagt habe, oder es in heiligen Schriften steht, sollst du es glauben, sondern nur weil du selbst es aus eigenem Bemühen als richtig erkannt hast“.

Musik:

Prem Joshua & Manish Vyas: „Water Down the Ganges"
Label: Putomayo World Music PUT 244-2