Fröhlich oder sorgenvoll

Egal ob vor dem Essen, vor dem Aufstehen oder vor dem Schlafengehen: Wer aus einer einigermaßen religiösen Familie stammt, hat oft schon als Kind ein Gebet auswendig gelernt – und nie mehr vergessen. Nicht immer passen diese Texte später noch in die jeweilige Lebenssituation. Aber manchmal tun sie einfach gut.

Morgengedanken 22.5.2017 zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

„Wie fröhlich bin ich aufgewacht, wie hab ich geschlafen so sanft die Nacht. Hab Dank im Himmel du Vater mein, dass du hast wollen bei mir sein. Behüte mich auch diesen Tag, dass mir kein Leid geschehen mag.“

Luise Müller
ist evangelische Theologin und ehemalige Superintendentin der Diözese Salzburg-Tirol

In Beziehung treten

Das ist das Morgengebet meiner Kindheit. Und ich gestehe, manchmal bete ich es heute auch noch. Dann, wenn ich in der Früh die Geborgenheit eines behüteten Lebens spüre, noch bevor ich richtig wach bin. Wenn ich gut aufgehoben bin in meinem Gottvertrauen, und weiß, dass Gott mich liebt. Nicht für jeden Tagesbeginn passen diese naiven Worte. Wenn mich schon mit dem ersten Augenaufschlag meine Sorgen überfallen, wenn ich nicht Herrin meiner Gedanken bin, sondern getrieben von ihnen, dann muss ich manchmal zu eigenen Worten greifen, muss Gott mein Problem schildern, sagen, dass ich von Angstattacken behindert werde und ohne seine Hilfe keinen Ausweg erkenne. Aber auch dann appelliere ich an seine väterliche Liebe, und hoffe, dass er für mich da ist.

Beten ist für mich ganz unterschiedlich: manchmal theologisch durchdacht in klugen Worten, manchmal wortlos, bestenfalls stammelnd, und manchmal Anleihen aus der Kindheit nehmend. Aber es ist immer das in Beziehung treten zu Gott, dem ich bedingungslos vertraue.