Reisefreiheit

Grenzenlos ist die Freiheit vielleicht tatsächlich nur „über den Wolken“ – wie sie Reinhard Mey einst besungen hat.

Für ihre Reisefreiheit sind 1989 tausende Menschen in der DDR auf die Straße gegangen – mit weit darüber hinausreichenden Folgen. Dass für viele Menschen „Reisefreiheit“ noch lange keine Selbstverständlichkeit ist, dass hat sich jüngst der bei der Weltversammlung der reformierten Kirche (ausgerechnet in Leipzig!) gezeigt.

Thomas Hennefeld
ist Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich

Kein Einreisevisum

Mit einer traurigen Nachricht wurde die reformierte Weltfamilie bei der ersten Plenarsitzung konfrontiert. 46 Delegierte, hauptsächlich Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten erhielten kein Einreisevisum nach Deutschland. Sie waren damit von der Versammlung ausgeschlossen. Es wurde Protest eingelegt, aber es half nichts.

Bis zum Ende konnten manche Brüder und Schwestern nicht zur reformierten Familie dazu stoßen. Und die Veranstalter erfuhren nicht einmal den Grund dafür. Das zeigt, dass wir als Menschen auf diesem Planeten sehr unterschiedliche Rechte und Möglichkeiten haben. Ein Österreicher oder eine Österreicherin kann mit einem gültigen Pass und gültigem Visum in fast jedes Land der Welt reisen, außer ein Land verhängt bestimmte Sanktionen. Für andere ist diese Reisefreiheit ein Traum.

Zusammengewachsen und zersplittert

Wir haben unsere Generalversammlung in einem Land abgehalten, in dem die Menschen vor fast 30 Jahren ebenso geträumt haben, frei reisen zu können. Die Welt ist zusammengewachsen und gleichzeitig zersplittert. Die einen leben in Freiheit, die anderen in Gefangenschaft. Menschen haben es geschafft, in den Weltraum vorzustoßen und das Erbgut zu entschlüsseln.

Ich finde, es ist ein Armutszeugnis, dass es nicht gelingen will, für alle Menschen Bedingungen zu schaffen, dass niemand mehr gezwungen ist, sein Land verlassen zu müssen und niemand mehr Angst davor hat, wenn andere Menschen reisen.

Morgengedanken 21.7.2017 zum Nachhören:

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