Geld, Geld, Geld

Eheschließungen vor 200 Jahren waren Finanzgeschäfte, ihnen gingen Anlageberatungen voraus. Kaum eine Autorin zeigt das so deutlich wie Jane Austen in ihren Romanen, die zwischen 1811 und 1817 erschienen sind.

Gedanken für den Tag 20.7.2017 zum Nachhören:

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Ständig wird die Frage verhandelt, wer wen mit welchem Vermögen bekommen kann. Kann die Tochter mit dem Herrn Sowieso leben, wenn er nur ein Einkommen von soundso viel Pfund hat? Selten wird in Literatur so viel gezählt und gerechnet. Austens erster Roman „Vernunft und Gefühl“ ist diesbezüglich eine Fundgrube. Das erste Kapitel beginnt mit der Darstellung von Finanzen und Erbrecht. Der erbberechtigte Sohn verspricht dem Vater am Sterbebett, für Mutter und Schwestern zu sorgen. Die eigene Ehefrau aber bringt ihn in einem grandiosen Dialog dazu, ihnen immer weniger zuzusprechen, bis er am Ende dieses Gesprächs den Eindruck hat, er müsse ihnen gar nichts geben, denn sie brauchen eigentlich nichts, „sie leben doch so billig“. Ein Bravourstück, wie man sich das schlechte Gewissen aus- und den Geiz einreden lassen kann.

Brigitte Schwens-Harrant
ist katholische Theologin, Germanistin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung „Die Furche“

Waren am Heiratsmarkt

Umso wichtiger für die Schwestern, finanziell einträglich zu heiraten. Am Ende des Romans kommt es zwar zu so etwas wie einer romantischen Liebe, doch diese wird verbunden mit fast buchhalterischem Aufzählen, wer von wie viel Geld nun leben kann und muss.

Wer glaubt, der Kapitalismus wäre eine junge Erscheinung, braucht nur Jane Austens Romane lesen. Da wird geplant und angelegt, da wird Großgrundbesitz vergrößert in weiser Vorausschau, und die Frauen sind Waren am Heiratsmarkt. Es ist eine Frau, die in Austens berühmtesten Roman „Stolz und Vorurteil“ über den Unterschied zwischen „Umsicht und einer Heirat um des Geldes willen“ nachdenkt und die die auch heute noch aktuelle Frage stellt: „Wo endet die Vernunft, und die Habgier beginnt?“

Musik:

Filmorchester unter der Leitung von Robert Ziegler: „Willoughby“ aus: SENSE AND SENSIBILITY <SINN UND SINNLICHKEIT> - Original Soundtrack von Patrick Doyle / V: Jane Austen
Label: SONY Classical SK 62258