Der junge Wächter

In den vergangenen Tagen versuchte ich zu erklären, wie wichtig es ist, seine Versprechen einzuhalten. Beispiele – positive - negative – halfen mir dabei. Erlebtes und Erhörtes bestätigten den Spruch: Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen...

Gedanken für den Tag 12.8.2017 zum Nachhören:

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Ach wissen Sie, mit dem Versprechen ist es wie mit einem Fallschirm. Er taugt nur etwas, wenn er offen ist. Wir müssen offen sein für Situationen, die unserem logischen Denken widersprechen. Selbst Einstein schrieb in seinen letzten Lebensjahren, dass hinter unserer sichtbaren äußeren Welt eine göttliche Instanz stehen müsse.

Kraft der Gedanken

Mein Freund Joschi Kohn war dreizehn Jahre alt, als er in das Konzentrationslager Mauthausen verschickt wurde. Er überlebte. Und gründete in Wien die Jugendgruppe Haschomer Hatzair, das heißt: „Der junge Wächter“, es ist eine Jugendgruppe, so wie die Kinderfreunde, Naturfreunde, Pfadfinder. Ach, er war ein wunderbarer Mann. Mit Optimismus und Engagement brachte er den Jugendlichen die Liebe zur Natur und Solidarität bei. Die Kinder liebten ihn und ich bewunderte ihn. Wir wurden Freunde.

Topsy Küppers
ist Schauspielerin und Autorin

Joschi sprach nie über seine Leidensjahre im Konzentrationslager, aber einmal fragte ich ihn: „Joschi, wie hast Du das alles überstehen können, du warst doch noch ein Kind?“ Er sagte: „Ich habe mir damals ein Versprechen gegeben. Es war ein einziger Satz: Ich komme hier lebend raus - und diesen Satz wiederholte ich immer wieder. Sie konnten mich auspeitschen, die schwersten Steine schleppen lassen, ich murmelte - ich komme hier lebend raus - sie haben mir die einzige Mahlzeit am Tag, einen Napf mit Wassersuppe vorgehalten, und als ich ihn nehmen wollte, vor meinen Füssen ausgegossen. Ich schloss die Augen, und dachte - ich komme hier lebend raus. Was immer ich tun musste, was immer man mir antat, nichts konnte das Versprechen, das ich mir selber gab, erschüttern.“

Joschi ging später nach Israel und gründete dort den Kibbuz Gan Schmuel, der bald einer der erfolgreichsten im Land wurde. Junge Leute aller Länder und aller Konfessionen verbrachten glückliche, arbeitsreiche Monate in Gan Schmuel, geführt von einem Mann, der bewiesen hat, wie stark die Kraft der Gedanken sein kann, wie stark ein Versprechen, das man sich selbst gibt, sein kann - wie stark man ist – wenn man glaubt.

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Topsy Küppers

Musik:

Die Gojim: „Friling“ von Abraham Brudno, Schmerke Katscherginski und Thomas Soxberger
Label: Extraplatte 139 CD