Vom Mangel zur Fülle

Wenn in einem US-amerikanischen Film ein Begräbnis zu sehen ist, dann wird meistens der 23. Psalm zitiert: „Der Herr ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen.“ Die Bibel ist nicht nur ein frommes Geschichtenbuch – sie enthält auch großartige Lyrik, ein Erbe, das die Christinnen und Christen mit dem Judentum teilen.

Morgengedanken 3.9.2017 zum Nachhören:

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Im ersten Vers des Psalm 23 heißt es: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.“ Eine schlichte und klare Zusage. Ohne Wenn und Aber ist mir ein behütetes Leben in Fülle zugesagt.

Annamaria Ferchl-Blum
ist Theologin und Fachinspektorin für katholischen Religionsunterricht in der Diözese Feldkirch in Vorarlberg

Tag der Fülle

Wir leben in einer Welt, die uns verunsichert mit Botschaften, die das Gegenteil behaupten. Nur wer ständig viel leistet, rundum gut abgesichert ist, Hab und Gut stets im Blick hat und mit anderen im unermüdlichen Streben nach mehr mithält, darf darauf vertrauen, dass ihm irgendwann einmal vielleicht „nichts fehlt“. Als Gegengewicht dazu denken kluge Zeitgenossinnen über eine neue Kultur des „Genug“ nach und machen damit darauf aufmerksam, wie ungesund und schädigend eine ständig auf den Mangel ausgerichtete Lebenshaltung für uns Menschen ist.

Der schlichte Anfangsvers im Psalm 23 lenkt den Blick auf die Wirklichkeit der vorhandenen Fülle in jedem Leben! Die Fülle an Beziehungen, die Fülle an Erfahrung und Wissen, die Fülle der Dinge, die mich umgeben und die ich nutzen kann. So könnte der heutige Sonntag ein Tag der Fülle werden, an dem ich im Bewusstsein lebe, dass es mir an nichts fehlt. An dem ich dankbar und großzügig das Leben genieße, mit anderen teile und mich der Fülle an Gaben und Möglichkeiten erfreuen darf.