Salbung und Würde

Körperkult und Schönheitswahn – das sind keine Erfindungen des 21. Jahrhunderts. Ähnliche Erscheinungen sind schon im Alten oder Ersten Testament, in der „Hebräischen Bibel“ anzutreffen. Im 23. Psalm geht es allerdings auch um eine körperlich-sinnliche Handlung mit besonderer Wirkung.

„Du salbst mein Haupt mit Öl“, bezeugt der Psalmbeter im 5. Vers des Psalm 23. Zur Zeit des Alten Testamentes war das Salben gängige Praxis. Man salbte aus kosmetischen und medizinischen Gründen, oder auch einfach des Duftes und der körperlichen Wohltat wegen.

Annamaria Ferchl-Blum
ist Theologin und Fachinspektorin für katholischen Religionsunterricht in der Diözese Feldkirch in Vorarlberg

Gesalbte Gottes

Durch die Totensalbung erwies man dem Körper des Verstorbenen eine letzte Ehre. Wer für prophetische, priesterliche oder königliche Dienste auserwählt war, erhielt durch die Salbung mit Öl besonderen Schutz, Kraft und Legitimation. Dabei geht es beim biblischen Salben immer um ein Wahrnehmen des Menschen in seiner körperlich-seelischen Einheit. Dem Körper etwas Gutes tun, seine Schönheit hervorstreichen, soll auch auf den göttlichen Kern aufmerksam machen, der jedem Menschen innewohnt. Ein Phänomen unserer Zeit ist die ausgeprägte Unzufriedenheit vor allem junger Menschen mit ihrem Körper. „Bodyshaming“, wie dieses Leiden genannt wird – also, sich des eigenen Körpers zu schämen – führt zu zahlreichen Praktiken des Kaschierens, Versteckens, Operierens.

Sich daran zu erinnern, dass unsere Würde und Schönheit nicht von perfekten Körperteilen abhängt, ist heilsame Botschaft für uns Heutige! Wir sind „Gesalbte Gottes“! Gerne dürfen Sie diesem wohltuenden Gedanken bei Ihrer heutigen Morgentoilette nachspüren!