Hoffnung säen

Alle, die gerne im Garten arbeiten, wissen es: Die herbstliche Gartenarbeit kann auch meditative Seiten haben.

Morgengedanken 19.10.2017 zum Nachhören:

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Heuer ist der Herbst früh eingekehrt in den Tiroler Bergen: Schnell haben sich die Blätter der Pfingstrosen gefärbt, und der Nussbaum ist schon kahl. So habe ich die Schafgarben, den Phlox und die Kugeldisteln früher als sonst zurückgeschnitten. Nur die Geranien am Balkon halten ihre Blüten noch leuchtend rot in die Herbstsonne. Und die Dahlien trotzen tapfer den kühlen Nächten.

Elisabeth Rathgeb
ist Leiterin des Seelsorgeamtes der römisch-katholischen Diözese Innsbruck

Vergessene Schwester

Jetzt kommt meine Lieblingsbeschäftigung im Herbst: Narzissen, Tulpen und Krokusse pflanzen. Ich stecke die trockenen braunen Zwiebeln in die Erde, weil ich große Hoffnungen in sie setze: Hoffnung auf farbenprächtige Blüten im Frühling nach einem langen Winter. Zugleich ist diese Zwiebelpflanzaktion für mich eine kleine Meditation über das Leben: Die Tulpenzwiebeln erinnern mich daran, dass Hoffnung gesät und gesetzt werden will: Hoffnung in Menschen und Projekte, Hoffnung in das eigene Leben. Manchmal fällt sie einem zu.

Aber oft hängt es auch von uns ab, ob sie wachsen kann. Ich pflanze also mit jeder Zwiebel Hoffnung. Im Wissen darum, dass sie den Winter und die Kälte in der Erde überstehen muss, damit sie im Frühling blühen kann. Wie hat es der tschechische Untergrundpfarrer Tomas Halik einmal formuliert? Die Hoffnung ist die vergessene Schwester der Liebe.