Die Rolle wechseln

Martinigansl essen, Weintaufe, Beginn des Faschings ... je nachdem, wo in Österreich jemand wohnt, kann der heutige elfte November mit ganz unterschiedlichen Dingen in Verbindung gebracht werden.

Morgengedanken 11.11.2017 zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Meine Kinder lieben es, sich zu verkleiden. Nicht nur jetzt in der heute beginnenden Faschingszeit. Immer wieder holen sie die Kiste mit den Faschingskostümen hervor, um dann als Pirat, als Hexe oder als Fee durch die Wohnung zu stürmen - erobernd, verzaubernd, oder einfach nur schön. Auch als Erwachsener überlege ich immer wieder, in welches Gewand ich heute schlüpfe: die lässige Jeans, der förmliche Anzug, oder - in meinem Fall als Pfarrer - gar der Talar? Je nachdem ändert sich auch die Rolle, in die ich schlüpfe, bzw. in der ich wahrgenommen werde.

Stefan Schröckenfuchs
ist Superintendent der evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich

Im neuen Gewand

Ein solches „neues Gewand“ bietet auch der Glaube. Bei Tauffeiern wird das oft ganz offensichtlich - wenn dem Täufling ein Taufkleid angezogen wird. Das Taufkleid ist für mich ein Bild für diese neue Rolle, die mir durch den Glauben angeboten wird: Ich bin als Christin, als Christ nicht nur auf das Vordergründige festgelegt: Der Sohn von x und y, ein Kind seiner Zeit, der, der ich geworden bin und zu dem mich das Leben gemacht hat.

Gott sieht in mir mehr als ich selbst und jeder andere. Gott sieht in mir sein Kind, das er liebt - und dem er es zutraut und zumutet, als sein Ebenbild in dieser Welt zu wirken. Das heißt Gottes Liebe, Gottes Gerechtigkeit, Gottes Frieden in diese Welt zu bringen. Das ist etwas, das ich nicht aus mir selbst heraus zu tun vermag. Aber weil Gott mich einlädt, in ein neues Gewand zu schlüpfen, kann auch ich es wagen, dieser neue Mensch zu sein. Ohne Anspruch auf eigene Vollkommenheit. Aber voller Zuversicht, dass Gott mich mit allem ausrüsten wird, was ich auf meinem Weg brauchen werde.