Gedenken und Bedenken

Viel war und ist in diesen Tagen vom Gedenken und Bedenken die Rede. Vor 80 Jahren hat der sogenannte Anschluss stattgefunden – Österreich wurde ein Teil des NS-regierten Deutschen Reiches.

Morgengedanken 13.3.2018 zum Nachhören:

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Einer der Geschichtsprofessoren zu meiner Zeit im Gymnasium war im März 1938, vor 80 Jahren, ein junger Student. Er hat gerne von den schicksalhaften Tagen des Anschlusses Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland erzählt.

Veronika Prüller-Jagenteufel
ist Leiterin des Pastoralamts der Erzdiözese Wien

Der Sog der Menge

Z.B. davon, dass er mit einem Freund beschloss, auf den Heldenplatz zu gehen, um den Führer Adolf Hitler zu sehen. Aus Neugier. Keiner der beiden war überzeugter Nazi, im Gegenteil, sie waren eher kritisch eingestellt. Sie waren neugierig. So standen sie dann in der Menschenmenge am Heldenplatz, die dem Führer zujubelte. Und plötzlich, so erzählte der spätere Geschichtsprofessor, bemerkten er und sein Freund, dass sie auch mitgeschrien und sich auch ihre Hände zum Hitlergruß erhoben hatten.

„Hütet euch vor dem Sog der Menge“, sagte unser Professor dann. „Es geht schneller, als man glaubt und selber will, dass man mitmacht, was alle machen.“ Ihn hat unter anderem diese lehrreiche Erfahrung in eine Gruppe der Katholischen Jugend geführt, in der junge Leute einander darin bestärkten, auch in einer unmenschlichen Zeit Menschen mit Rückgrat zu bleiben, Menschen, die dem Sog widerstehen und auf ihr Gewissen hören, wenn die Menge sie mitziehen will.