Wie Propaganda wirkt

Haben Sie das Jahr 1938 und seine massiven Umbrüche noch persönlich miterlebt? Oder hatten Sie Menschen in ihrer Umgebung, die davon erzählt haben?

Morgengedanken 14.3.2018 zum Nachhören:

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Mit dem März 1938 begann in Österreich die nationalsozialistische Herrschaft. Ein halbes Jahr später war es in Tschechien so weit. Das Gedankengut der Nationalsozialisten, vor allem die Verachtung der jüdischen Mitbürger, war schon vorher weit verbreitet und wurde nun vom Regime mit allen Propagandamitteln beworben.

Veronika Prüller-Jagenteufel
ist Leiterin des Pastoralamts der Erzdiözese Wien

Wir und die anderen

Meine Mutter, die damals ein etwa 10-jähriges Kind war, hat mir erzählt, wie solche Propaganda wirkt: Von Zuhause her gut katholisch erzogen, ließ sie dennoch in Prag beim jüdischen Kaufmann eine Handvoll Zuckerl einfach mitgehen ohne zu bezahlen. „Es ist eh nur ein Jude“, war ihre Ausrede. Von meiner Großmutter entsetzt zur Rede gestellt, musste sie sich entschuldigen. Noch Jahrzehnte später schämte sie sich, dass sie der Propaganda so auf den Leim gegangen war.

Auch heute lohnt es sich, alles, was man hört, zu prüfen. Wer wird heute so dargestellt, als wäre er Mensch zweiter Klasse, den man nicht achten muss? Wer gilt nichts in der öffentlichen Meinung? Wer hat scheinbar nicht dasselbe Recht wie alle anderen? Wer gehört angeblich nicht hierher, nicht zu „uns“? In „Wir“ und „die anderen“ zu trennen, führt schnell dazu, „die dort“ schlechter zu behandeln. Doch: Jeder Mensch, ausnahmslos, verdient als Mensch Achtung und Respekt.