Selbsterlösung

Hitler teilte, wie viele damals, die Sehnsucht nach Erlösung, nach einer Erlösung nicht durch einen Gott der Gnade und der Barmherzigkeit, sondern durch eigene Kraft und Anstrengung, durch Härte und Ordnung. Der Nationalsozialismus kannte daher keine Gnade. Denn sich selbst erlösen zu wollen ist und macht gnadenlos. Was bedeutet das für heute?

Gedanken für den Tag 17.3.2018 zum Nachhören:

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Politisch bedeutet das die Option für die Freiheitsrechte und Menschenrechte des Einzelnen statt der Erlösungsvision einer bergenden Gemeinschaft, bedeutet es die Option für die Identifikation mit den leidenden Menschen statt mit Kollektivgebilden, bedeutet es die Option für die Ausrichtung eines Gemeinwesens auf die Alltäglichkeit des Lebens der Menschen statt auf heroische Existenzentwürfe.

Rainer Bucher
ist katholischer Theologe und Autor. Sein Buch „Hitlers Theologie“ ist im echter-Verlag erschienen.

Theologisch bedeutet es, alle Konzepte zu kritisieren, die Gnadenlosigkeit propagieren und es bedeutet auch, jene Haltung zu überwinden, die meint, wir könnten uns selbst erlösen. Es bedeutet, der Freiheit zu vertrauen und Gott praktisch im Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit zu dienen.

Individuell und geistlich formuliert aber bedeutet es, notfalls einsam sein zu können, ohne zu verzweifeln, Kränkungen zu erleiden, ohne zu hassen, die Alltäglichkeit des eigenen Lebens auszuhalten, ohne sich in die Attitüde des Heroismus zu flüchten.

Und es bedeutet, sich selbst nicht erlösen zu wollen, sondern auf einen Gott zu vertrauen, dessen Zentrum die Hingabe ist, die Hingabe an jene, die der Gnade am meisten bedürfen.

Musik:

Amsterdam String Trio: „Wedding music“ von Maurice Horsthuis
Label: Winter & Winter 9100602