1938 und die Folgen

Rückblick und Ausblick 80 Jahre nach dem „Anschluss“.

Naivität und Euphorie: Der „Anschluss“ und die Kirchen

Unterwürfige Sätze, unterzeichnet von den österreichischen katholischen Bischöfen, wurden am 18. März 1938 dem nationalsozialistischen Gauleiter Josef Bürckel übergeben, freilich unter dessen Druck. In dieser „feierlichen Erklärung“ unterzeichneten die Bischöfe die Zustimmung zum „Anschluss" und erklärten, dass sie bei der Volksabstimmung am 10. April 1938 mit Ja stimmen würden. Der Brief schloss mit „Heil Hitler“, vom Kardinal eigenhändig über seinen Namen geschrieben. Dieser Gruß sowie seine naive Sympathie für den neuen Machthaber Hitler sollten für Innitzer bis zu seinem Tod eine persönliche Wunde sein. Einige Monate nachdem er und andere Kleriker so publikumswirksam für die Zwecke der Nazis verwendet worden waren, erkannte er, was die Ideologie Hitlers tatsächlich bedeutete und begann, gegen das Naziregime tätig zu werden.

Lebenskunst
Sonntag, 18.3.2018, 7.05 Uhr, Ö1

In weiten Teilen der evangelischen Kirche wurde 1938 der Anschluss an Nazi-Deutschland euphorisch aufgenommen. Zuvor hatte der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie eine enorme Dezimierung der Mitgliederanzahl der evangelischen Kirchen mit sich gebracht und die Los-von-Rom-Bewegung ihre deutschnationale Orientierung beschleunigt. Die Zeit des katholisch geprägten „Ständestaates“ zwischen 1934 und 1938 wurde von vielen Evangelischen als eine Zeit der Unterdrückung empfunden. Von Seiten der evangelisch-lutherischen Kirche begrüßte daher der neue Präsident des evangelischen Oberkirchenrates, Robert Kauer, Hitler am 13. März 1938 mit einem Telegramm: „Nach einer Unterdrückung, die die schrecklichsten Zeiten der Gegenreformation wieder aufleben ließ, kommen Sie als Retter aus fünfjähriger schwerster Not aller Deutschen hier ohne Unterschied des Glaubens.“ In verschiedenen Aktionen bekundete die neue Kirchenleitung nun ihre Loyalität zum neuen politischen System, wie z. B. durch die Vereidigung der Pfarrer auf Hitler oder das Singen des Horst-Wessel-Lieds im Festgottesdienst anlässlich der Volksabstimmung über den „Anschluss“. Sie versuchte sich damit bewusst, den neuen Machthabern als Nazi-Kirche zu präsentieren. Jahrzehnte später hat in beiden Kirchen Umdenken – und Umkehr – eingesetzt. - Gestaltung: Judith Fürst

Als der Schrecken seinen Lauf nahm: Die Israelitische Kultusgemeinde nach dem sogenannten „Anschluss“

Das Thema Kirche unter dem Hakenkreuz ist vielfach behandelt worden – von Geistlichen, die mit dem NS-Regime kooperiert haben bis hin zu Märtyrern des Widerstandes war und ist da die Rede. Doch wie sahen die Entwicklungen aus, die die jüdische Community betrafen? Von Vernichtungslagern war ja vorerst noch kaum etwas zu vernehmen. Vielmehr hatte Adolf Eichmann zunächst die Aufgabe, die Auswanderung der jüdischen Bevölkerung nach bestimmten Quoten – und gegen hohe Geldsummen – zu organisieren. Doch: Was geschah mit den Armen? Und wie verlief die weitere Entwicklung konkret? Auf Fragen wie diese antworten der Autor und Historiker Doron Rabinovici und die Historikerin Tina Walzer. - Gestaltung: Brigitte Krautgartner

„Die Kinder, die überlebt haben: Ein Besuch bei geflohenen Alt-Österreicher/innen“

Es ist wohl eine der letzten Chancen, ihre Stimmen und ihre Geschichten zu hören. Sie sind mittlerweile zwischen 80 und 100 Jahren alt - und einige von ihnen erzählen ihre unfassbaren Lebensgeschichten tatsächlich zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit: Jüdinnen und Juden, die in Österreich geboren und aufgewachsen sind und als Kinder und Jugendliche vor dem NS-Terror und den Gräueln der Shoah nach Israel fliehen konnten.

Hinweis:
Judith Weinmann-Stern, Obfrau des Vereins Wien - Tel Aviv, veranstaltet für die sogenannten Altösterreicherinnen und Altösterreicher in Israel im Rahmen der Österreichischen Kulturtage in Tel Aviv Konzerte mit österreichischer Musik. Sie hat viele der Zeutzeuginnen und Zeitzeugen besucht und ihre Erzählungen aufgezeichnet.

Die prägenden Erinnerungen an den Tag des sogenannten „Anschlusses“ oder an die Novemberpogrome tragen sie bis heute mit sich. Sie sprechen von ihrer „gestohlenen Kindheit“ und vom Schmerz, den der Abschied von ihren Familien damals verursachte und der bis heute zu spüren ist. Als Jugendliche waren sie dazu gezwungen, sich in Israel aus dem Nichts eine neue Existenz aufzubauen. Kerstin Tretina hat für die „Lebenskunst“ einige der „Alt-Österreicher/innen“ in Israel besucht. - Gestaltung: Kerstin Tretina

Keine Tradition aus Stein – Bibelessay zu Jeremia 31, 31 - 34

Am fünften Sonntag der Fastenzeit wird in den römisch-katholischen Messfeiern ein Ausschnitt aus dem Buch Jeremia gelesen, einem der Prophetenbücher im Alten oder Ersten Testament der Bibel. Aktuelle Bezüge dazu stellt die katholische Theologin, Germanistin und Feuilleton-Chefin der Wochenzeitung „Die Furche“ Brigitte Schwens-Harrant her.

Bibelessay zu Jeremia 31, 31 - 34

Moderation: Martin Gross

Lebenskunst 18.3.2018 zum Nachhören:

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