Die Jüdische Braut

Was für ein unglaubliches Bild! Es besteht nahezu ausschließlich aus Braun- und Goldtönen, akzentuiert durch ein intensives Rot. Zu sehen ist ein elegant gekleidetes Paar in einem verschwommen dargestellten Raum.

Gedanken für den Tag 23.3.2018 zum Nachhören:

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Der Mann legt die eine Hand liebevoll um die Schulter der Frau − die andere an ihre Brust. Vorsichtig berührt die Frau die Hand des Mannes. Die Gesichter sind ausgesprochen individuell gestaltet, beide blicken vor sich hin, scheinen in Gedanken versunken zu sein.

Johanna Schwanberg
ist Kunstwissenschaftlerin und Direktorin des Dom Museum Wien

Zeitloses Thema

Das Bild, das heute unter dem Titel „Die Jüdische Braut“ bekannt ist, hat Rembrandt van Rijn im Jahr 1667 gemalt. Es hängt im Amsterdamer Rijksmusuem und interessiert seit Jahrhunderten aufgrund der faszinierenden Malweise. Eine Technik, die typisch für Rembrandts Spätwerk ist. Hier hat der Maler die Farbe in dicken Schichten aufgetragen − teilweise sogar mit der Spachtel. Vor allem aber ist es der rätselhafte Inhalt, der immer wieder zu neuen Interpretationsversuchen herausforderte: Im 19. Jahrhundert wurde es noch als Bildnis eines Jüdischen Vaters gedeutet, der seiner Tochter anlässlich ihrer Hochzeit eine Halskette umhängt. Heute zweifelt niemand mehr, dass es sich um die Darstellung eines Liebespaares handelt. Aber wer sind die beiden? Möglicherweise Rembrandts Sohn Titus und dessen Braut? Vielleicht biblische Figuren – etwa Abraham und Sara oder am wahrscheinlichsten Isaak und Rebekka?

Die meisten Rembrandt-Bilder lassen sich nicht auf eine Lesart festschreiben. Es sind die Kunst der Verrätselung und die Reduktion auf das Wesentliche, die motivieren, ein Bild wie Rembrandts „Jüdische Braut“ immer wieder zu betrachten. Auch ohne Wissen um mögliche historische und biblische Kontexte ist eine malerisch ungemein sinnliche Darstellung einer Liebesbeziehung zu sehen, in der beide Individuen stark bei sich selbst zu sein scheinen und dennoch vorsichtig und zärtlich die Nähe des anderen suchen. Und dieses Thema vermag heute genauso zu berühren wie zu Rembrandts Zeiten.

Link:

Dom Museum Wien

Musik:

The Irish Film Orchestra und London Metropolitan Film Orchestra unter der Leitung von Dirk Brosse und James Sherman: „Waltz for Anna“ aus: THE GOOD THIEF / Original Filmmusik von Elliot Goldenthal
Label: Island/Universal 0688842