Somalia: Verfassung soll sich an Scharia orientieren

Volksvertreter in Mogadischu stimmen für eine neue Verfassung, die an der Scharia ausgerichtet sein soll.

Die verfassungsgebende Versammlung in Somalia hat sich am Mittwoch in der Hauptstadt Mogadischu auf einen Verfassungsentwurf geeinigt. Die 825 Vertreter, die allesamt nicht vom Volk gewählt sind, hatten dem Entwurf zu 96 Prozent zugestimmt. Das gab der Ministerpräsident der Übergangsregierung, Abdiweli Mohammed Ali, bekannt. Die Verfassung soll sich am islamischen Recht der Scharia orientieren und zugleich Männern und Frauen Gleichberechtigung garantieren.

Die Scharia als religiöses Gesetz des Islams enthält all jene Vorschriften, die in einer islamischen Gesellschaft zu beachten und zu erfüllen sind. Dabei ist die Scharia keine fixierte Gesetzessammlung, sondern soll Grundlage und Richtlinie bei der Erarbeitung konkreter Gesetze sein. In ihr finden sich, neben kultischen und rituellen Vorschriften, auch Regeln zum Vermögens-, Familien-, Erb- und Strafrecht. Momentan ist die Scharia in 15 Ländern Rechtsgrundlage, darunter die Malediven, der Iran, Saudi-Arabien und Bangladesch.

Attentat vor Abstimmung

Überschattet wurde die Abstimmung von einem mutmaßlich islamistischen Anschlag auf die Versammlung, bei dem die zwei Attentäter getötet wurden und ein Wachmann verletzt wurde. In Somalia gibt es seit dem Sturz des Regimes des langjährigen Militärdiktators General Mohammed Siad Barre 1991 keine funktionierende Regierung. Die radikalislamische Schabaab-Miliz, die gegen die schwache Übergangsregierung kämpft, kontrolliert weite Teile des Zentrums und des Südens des Landes und verübt immer wieder Attentate.

Somalias Präsident Scheich Scharif Scheich Ahmed mit Soldaten

REUTERS/Feisal Omar

Somalias Präsident Scharif Scheich Ahmed war Mitglied der Al-Schabaab.

Al-Schabaab (Die Jugend) wurde 1998 von Scheich Hassan Dahir Aweys als Kampfeinheit innerhalb der sogenannten „Union islamischer Gerichte“ gegründet. Diese hatte durch rigorose Anwendung der Scharia für etwas Ordnung gesorgt, nachdem sie eine von den USA unterstützte Warlord-Allianz geschlagen hatte. Verschiedene Warlords hatten seit dem Sturz Siad Barres Chaos und Anarchie verbreitet. Ein von Aweys verstoßener Gefolgsmann, Scheich Scharif Scheich Ahmed, vom Westen nunmehr als „moderater“ Islamist eingestuft, ist derzeit international anerkannter Übergangspräsident Somalias.

(APA)