100. Geburtstag von Leopold Ungar

Am 8. August wäre der langjährige Präsident der Caritas Österreich Leopold Ungar 100 Jahre alt geworden.

„Die Caritas ist die institutionalisierte Nächstenliebe“, sagte Leopold Ungar einmal - mit dem Zusatz: „inklusive aller Gefahren, die Institutionen mit sich bringen.“ Der langjährige Direktor der Caritas Wien und Präsident der Caritas Österreich war bekannt für sein kritisches Denken - auch gegenüber der eigenen Organisation - und für die sprachliche Brillanz, mit der er diese Kritik vorzubringen wusste.

Portraitfoto von Leopold ungar.

Caritas Wien

Leopold Ungar

Ungar wurde bis zu seinem Tod im Jahr 1992 nicht müde, an das Gewissen der Österreicher zu appellieren - bisweilen mit drastischer Wortwahl. Die österreichische Caritas entwickelte sich unter seiner Ägide von einer „Tee- und Suppenküche für Arme“ zu einem „Konzern der Nächstenliebe“.

Bewegtes Leben

Der am 8. August 1912 in Wiener Neustadt als Sohn einer großbürgerlichen jüdischen Kaufmannsfamilie geborene Leopold Ungar studierte zunächst Jus. Nach der Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaften empfing Ungar am 8. April 1935 die Taufe und trat im September des gleichen Jahres, für seine Umwelt wohl überraschend, ins Wiener Priesterseminar ein.

Nach dem NS-Einmarsch 1938 musste Ungar Österreich verlassen. Er kam nach Paris, wo er sein Studium abschloss und 1939 zum Priester geweiht wurde. Als Hitler Frankreich besetzte, musste Leopold Ungar wiederum fliehen, diesmal nach England. Als Seelsorger in einem Lager für deutsche Kriegsgefangene überdauerte er den Krieg. Im September 1947 kehrte Ungar nach Wien zurück.

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Nach dem Krieg suchte der damalige Prälat und spätere Weihbischof Jakob Weinbacher dringend einen sprachgewandten Priester, der die Administration der alliierten Hilfslieferungen für das hungernde Wien durchführen könnte. Die Wahl fiel auf Leopold Ungar, damals Kaplan von St. Elisabeth in Wien-Wieden.

Die Caritas wächst

1950 wurde der damals 38-jährige von Kardinal Theodor Innitzer zum Direktor der Caritas der Erzdiözese Wien ernannt, deren Aktivitäten er innerhalb von weiteren 38 Jahren mit einer eigenen Auslandshilfe-Abteilung, Obdachlosenheimen, Pionierprojekten zur Randgruppenbetreuung und - insbesondere seit der Ungarnkrise 1956 - Initiativen in der Flüchtlingshilfe stark ausbaute.

1988 legte Ungar sein Amt als Wiener Caritasdirektor zurück, 1991 auch seine Funktion als österreichischer Caritas-Präsident. Nach langer schwerer Krankheit starb Prälat Leopold Ungar am 30. April 1992 in Wien.

(KAP)