Äthiopischer Patriarch gestorben

Abune Paulos, Patriarch der äthiopisch-orthodoxen Kirche, ist 76-jährig verstorben.

Der Tod des äthiopischen Kirchenoberhauptes wurde von einem äthiopischen Regierungssprecher am Donnerstag gegenüber der AFP bestätigt. Zuvor hatten bereits Internet-Magazine vom Ableben des Patriarchen der äthiopisch-orthodoxen Kirche, Abune Paulos, berichtet.

Paulos wurde 1936 im Norden Äthiopiens geboren und trat noch als Bub ins Kloster ein. Seine theologische Ausbildung erfuhr er unter anderem in den USA, wo er im Orthodoxen Seminar St. Vladimir und in Princeton studierte. Gemeinsam mit vier anderen Priestern wurde Paulos 1974 zum Bischof geweiht und daraufhin vom kommunistischen Derg-Regime festgenommen.

Abune Paulos, Patriarch der äthiopisch-orthodoxen Kirche

EPA/Egyptian Presidency

Abune Paulos war 20 Jahre lang Patriarch der äthiopisch-orthodoxen Kirche.

Als er 1983 aus dem Gefängnis entlassen wurde, ging Abune Paulos ins Exil und setzte seine Studien in Princeton fort. Die 17-jährige kommunistische Herrschaft in Äthiopien blieb für Paulos dabei eine Periode, die er nicht nur für sich, sondern für das ganze Land als prägend erachtete.

„17 Jahre lebten wir in hier in einer sehr schwierigen Situation. Glücklicherweise hat das unsere jungen Leute dazu gebracht, solchen Strömungen gegenüber aufmerksamer zu sein, darauf zu reagieren. Seit damals sind die jungen Menschen enger an die Kirche heran gerückt und heute sind die Kirchen voll“, sagte Paulos in einem Interview mit Ö1 vor zwei Jahren.

Afrikanische Großkirche

Der äthiopisch-orthodoxen Kirche gehören 35 bis 40 Millionen Menschen an. Sie ist damit die größte orientalisch-orthodoxe Kirche. Bis 1950 war sie Teil der koptischen Kirche Ägyptens.

20-jährige Amtszeit

Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes 1991 kehrte Paulos nach Äthiopien zurück und wurde 1992 zum Patriarchen ernannt. Seine Ernennung ist bis heute nicht unumstritten, da sein Vorgänger, Abune Merqorios, nicht gestorben sondern abgesetzt worden war und in die USA emigrieren musste. Kritiker warfen Abune Paulos vor, dass ihm seine Treue zur ab 1991 regierenden „Revolutionären Demokratischen Front der Äthiopischen Völker“ (EPRDF) zum Patriarchenamt verholfen habe.

Während seiner Amtszeit war Paulos der interreligiöse Dialog ein besonderes Anliegen. Er war einer der sieben Präsidenten des Weltkirchenrates und versuchte immer wieder auf die Geschichte, die Tradition und die aktuelle Lage Äthiopiens wie auch ganz Afrikas aufmerksam zu machen.

„Wir sind ein Teil dieses afrikanischen Kontinents. Die Welt außerhalb Afrikas hat ein anderes Bild von diesem Kontinent. Man unterstellt wir hätten keine Kultur. Aber das ist hier nicht der Fall. Unsere Geschichte ist sehr stabil, unsere Religion ist sehr stabil“, so Paulos. Für sein Engagement in der Flüchtlingsarbeit verlieh ihm die UNO im Jahr 2000 die Nansen-Medaille für Afrika.

Martin Steinmüller, religion.ORF.at