Rabbiner-Überfall: Juden appellieren an Muslime

Worte des Mitgefühls seien schön, aber Taten wären wichtiger, so der Ratspräsident des Zentralrats der deutschen Juden.

Nach dem brutalen Überfall auf einen Rabbiner in Berlin am Dienstagabend fordert der Zentralrat der Juden in Deutschland von muslimischen Verbänden mehr Engagement gegen Antisemitismus. Sie hätten zwar öffentlich und gegenüber dem Zentralrat ihr Mitgefühl und ihre Abscheu über den Überfall ausgedrückt, sagte Ratspräsident Dieter Graumann der „Berliner Zeitung“ (Freitag-Ausgabe) - Taten wären aber wichtiger.

Dieter Graumann

dapd/Olaf Malzahn

Zentralratspräsident Dieter Graumann

„Worte des Mitgefühls sind schön und ehrlich gemeint. Aber Taten wären auch wichtig.“ Graumann fügte hinzu: „Ich würde mich freuen, wenn die Verbände sich endlich entschlossener gegen den Antisemitismus in den eigenen Reihen wenden würden.“

Der schwer verletzte Rabbiner könnte unter Umständen seinen Angreifern verzeihen. Das hänge davon ab, ob sie einsähen, dass sie etwas ganz Schlimmes getan hätten, sagte der 53-jährige Daniel Alter dem „Berliner Kurier“ und dem „Tagesspiegel“ (Freitag-Ausgaben).

Aufruf zu mehr Zivilcourage

Die Integrationsbeauftragte der deutschen Regierung, Maria Böhmer (CDU), rief zu mehr Zivilcourage auf. „Jeder Einzelne ist gefordert, seinen Beitrag für ein gutes Miteinander zu leisten. Und zugleich in der Pflicht, aufzustehen, wenn Menschen aus welchen Gründen auch immer bedroht oder ausgegrenzt werden“, sagte Böhmer der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Freitag-Ausgabe). „Die Botschaft muss lauten: Für Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Antisemitismus ist kein Platz in unserem Land.“

Der Rabbiner war am Dienstagabend vor den Augen seiner Tochter im gutbürgerlichen Berliner Stadtteil Friedenau von vier Tätern - laut Polizei vermutlich arabischstämmige Jugendliche - zusammengeschlagen worden. Er erlitt einen Jochbeinbruch. Dem Mädchen drohten die Täter mit dem Tod. Anlass war möglicherweise, dass der Rabbiner die jüdische Kopfbedeckung Kippa trug.

Tragen der Kippa zu gefährlich?

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Berlin, Gideon Joffe, sagte daraufhin: „Ich würde heute einem Juden nicht empfehlen, in jedem Stadtteil Berlins mit einer Kippa herumzulaufen.“ Die Amadeu-Antonio-Stiftung für demokratische Kultur sprach von einer zunehmenden Zahl körperlicher Attacken junger Migranten gegen Juden. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hatte Juden und Muslime aufgefordert, zusammenzustehen und Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit den Kampf anzusagen.

APA

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