Papst warnt vor „Intellektualisierung“ der Theologie

Bei einer Messe mit einstigen Studenten Sonntagfrüh habe er davor gewarnt, dass der Glaube verdunkelt werde.

Das berichtete Radio Vatikan am Sonntag. Wenn er sich mit akademischen Texten beschäftige, so der Papst in Castel Gandolfo, scheine ihm, dass „das alles nur noch intellektuelle Welt ist, die unser Leben nicht durchdringt und formt, uns daher nicht in die Wahrheit hineinführt“. Gerade Theologen sollten das Wort Gottes nicht nur hören, sondern auch danach handeln, so Benedikt XVI.

Die Wahrheit müsse wieder als das entdeckt werden, was sie sei, so der Papst: kein Gut, das man besitzen könne, sondern etwas, das vielmehr den Menschen besitze. Theologen sollten sich von der Wahrheit formen und führen lassen. Benedikt XVI. wandte sich laut Radio Vatikan auch gegen Selbstgerechtigkeit und Triumphalismus in der Kirche. Derzeit würde man „nur noch das Selbstgemachte an der Kirche sehen“ und die Freude am Glauben sei verdorben.

Gesetz als Gabe, nicht Fessel

Das Gesetz Gottes müsse als Gabe statt als freiheitsraubende Fessel angesehen werden, so der Papst vor seinem „Ratzinger Schülerkreis“. Die Gebote seien nicht „Frucht der eigenen Genialität“, sondern „geschenkte Weisheit“. Er verwies auf das Volk Israel, das sich dem Alten Testament zufolge demütig über dieses Geschenk Gottes gefreut habe. Dies sei eine andere Freude, als der Stolz auf eigene Leistungen, wie etwa die alten Römer auf ihr Rechtssystem und die Franzosen auf den „Code Napoleon“.

Am Samstag hatte der Papst mit mehreren Dutzend seiner Studenten getagt, die sich seit Donnerstag in Castel Gandolfo mit ökumenischen Ergebnissen und Fragen befassen. Bei seiner traditionellen Rückschau auf das vergangene Jahr habe sich der Papst auch kurz zur „Vatileaks“-Affäre um verschwundene vertrauliche Vatikandokumente geäußert, sagte der Schülerkreis-Sprecher Stephan Horn Radio Vatikan.

Treffen hinter verschlossenen Türen

Die Turbulenzen hätten Benedikt XVI. weder aus der Bahn geworfen noch „so getroffen, dass er nun fragiler wirken würde“, so Horn. Der Papst habe weiterhin die gleiche innere Kraft, „auch wenn das mit manchen Enttäuschungen verbunden gewesen sein muss“, befand der Schülerkreis-Sprecher.

Die seit 1977 regelmäßig stattfindenden Treffen, an denen auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn teilnimmt, gehören zu den wenigen festen Terminen, die der frühere Professor Joseph Ratzinger auch als Papst beibehalten hat. Sie finden traditionsgemäß hinter verschlossenen Türen statt. Thema des Schülerkreises im nächsten Jahr soll laut Horn „die Gottesfrage und die Säkularisierung“ sein.

KAP