Antisemitismus: IKG sieht „Passivität einzelner Beamter“

Bei der Beschimpfung eines Wiener Rabbiners am Donnerstag habe die Polizei tatenlos zugeschaut, lautet der Vorwurf.

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) hat am Montag in einer Aussendung zu dem Vorfall am Wiener Schwedenplatz Stellung genommen, bei dem ein Rabbiner am vergangenen Donnerstag nach eigenen Angaben von einem Fußballfan antisemitisch beschimpft wurde. „Ich sehe eine große Gefahr in der Passivität einzelner Beamter der Exekutive gegenüber antisemitischer Aggression“, schrieb IKG-Präsident Oskar Deutsch.

Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl habe ihm in einem Telefonat seine Bestürzung über den Vorfall versichert und der IKG vollständige Aufklärung zugesagt, erklärte Deutsch. Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne würde gemäß den Bestimmungen des Verbotsgesetzes selbstverständlich geahndet.

Beamte nur wenige Meter entfernt

„Einen Rabbiner schutzlos den antisemitischen Beschimpfungen eines Fußballfans zu überlassen, wie am Donnerstag vergangene Woche am Schwedenplatz geschehen, kann nicht mit Deeskalation argumentiert werden und bedarf einer dringenden Korrektur. Antisemitismus darf nicht ein tolerierter Bestandteil der Fußballkultur sein“, kommentierte Deutsch.

„Hau ab, Du Scheiß-Jude! Juden raus! Heil Hitler!“. Mit diesen und anderen Worten war laut einem der APA vorliegenden, schriftlichen Protokoll ein Wiener Rabbiner am Donnerstag am Schwedenplatz in der Wiener Innenstadt von einem Fußballfan beschimpft worden. Laut den Angaben wurde der Vorfall von in etwa drei Metern entfernten Polizeibeamten beobachtet. Er soll sich gegen 16.30 Uhr ereignet haben, als sich dort im Zuge des Fußball-Europa-League-Spiels gegen SK Rapid Anhänger der griechischen Fußballmannschaft PAOK Saloniki versammelt hatten.

„Na hörn’s, heut’ is Fußball!“

Als der Betroffene die Polizisten fragte, ob sie nichts dagegen unternehmen wollten, bekam er laut seinen Angaben von einem der Beamten die Antwort: „Na hörn’s, heut’ is Fußball!“. Der Fußball-Fan soll währenddessen noch immer mit zum Hitlergruß erhobener Hand vor dem Rabbiner gestanden sein. Laut dem Protokoll versuchte der Geistliche ohne Erfolg, weitere Polizeibeamte über den Vorfall zu informieren.

Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Mit antisemitischen Beschimpfungen auf offener Straße bedacht zu werden, gehört leider zum Alltag für Wiener Juden. Dass dies jedoch vor den Augen, also in tatsächlicher Präsenz von Polizeibeamten geschieht, war eine Premiere für mich. Dass diese Polizisten tatenlos zusehen und auch noch grinsen, ein regelrechtes Schockerlebnis.“

Die Israelitische Kultusgemeinde betonte in ihrer Aussendung, dass sie mit der Führungsebene der Exekutive seit langem einen guten Kontakt habe und sich hinsichtlich Sicherheitsfragen auf eine ausgezeichnete Kooperation verlassen könne.

religion.ORF.at/APA

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