Küng: Missbrauchsfälle zu zwei Dritteln abgearbeitet

Mehr als zwei Drittel der Fälle, mit denen sich die kirchliche Opferschutzanwaltschaft befasst hat, sind laut Bischof Klaus Küng abgearbeitet. Wie viel Geld den Missbrauchsopfern ausbezahlt wird, ließ der Bischof vorerst offen.

Der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng, der auch Vorsitzender der kirchlichen Stiftung Opferschutz ist, will sich zur Höhe der bisher ausgezahlten Entschädigungssumme an Missbrauchsopfer noch nicht äußern. „Ich möchte lieber abwarten, bis alle Fälle abgeschlossen sind“, sagte er im Interview mit der APA. Mehr als zwei Drittel - 800 bis 900 von 1.090 - seien aber bereits abgearbeitet.

Ein Ende sei abzusehen, es sei aber dennoch erfreulich, dass die Arbeit der von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzten Opferschutzanwaltschaft für weitere drei Jahre verlängert worden ist, so Küng. Es hänge zwar von Anderen ab, ob sie ihn weiter wollten, aber von sich aus nehme er seine Tätigkeit weiterhin gerne wahr.

Diözesanbischof Klaus Küng

ORF / Marcus Marschalek

Diözesanbischof Klaus Küng ist Vorsitzender der kirchlichen Stiftung Opferschutz, über die die freiwilligen finanziellen Hilfeleistungen der Kirche für Missbrauchsopfer abgewickelt werden.

Fälle genau prüfen

Erst Anfang Juni hatte die „Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt“ der katholischen Kirche vorgeworfen, dass 40 des Missbrauchs verdächtigte Priester und Mitarbeiter nach wie vor im Dienst seien. Küng, der seit 2004 Diözesanbischof in St. Pölten ist, sagte dazu, dass er – wie auch seine Kollegen – „damals“ sehr intensiv der Sache nachgegangen sei und betonte, es sei ihm ein Anliegen, entsprechend getroffenen Konsequenzen schnell umzusetzen.

Der Bischof gab aber zu bedenken, dass es wichtig sei, Fälle zu prüfen, festzustellen wie lange sie zurückliegen und auszumachen, ob der Betroffene bereit ist, alle Maßnahmen zu akzeptieren - auch eine Therapie. „Da muss man Unterscheidungen machen“, sagte Küng und betonte weiter: „Aufgrund der sehr schmerzhaften Erfahrungen der letzten Jahre ist das Problembewusstsein viel stärker geworden. Es wird alles getan, dass so etwas nicht wieder vorkommt.“

Ein Priesterseminar für drei Diözesen

Das in der Vergangenheit wegen Kinderporno- und Sexaffäre in die Medien geratene Priesterseminar der Diözese St. Pölten wird ab diesem Herbst jedenfalls mit Wien und Eisenstadt zusammengelegt - neuer Standort wird Wien. Als Grund für die Zusammenlegung gab Bischof Küng den Rückgang von Priesteramtsanwärtern an.

Der Schritt sei bereits länger im Raum gestanden: „Die Größe der Gruppe spielt eine Rolle in der Ausbildung. Eine größere Gemeinschaft prägt, man kann sich untereinander stützen.“ Um die fünf Seminaristen wird St. Pölten nach Wien schicken, wo insgesamt 25 bis 30 Männer auf das Amt als Priester vorbereitet werden.

Vertrauen und Nöte

In Bezug auf die Pfarrer-Initiative sagte Bischof Küng, dass „ohne Zweifel“ die Erneuerung und Belebung des Glaubens in einer säkularisierten Welt der „wesentliche Punkt“ sei und es Nöte der Priester gäbe, die er „gut nachvollziehen“ könne. Dennoch habe er sich - gemeinsam mit den Mitgliedern der Bischofskonferenz - klar dafür ausgesprochen, dass sich die Unterstützer der Pfarrer-Initiative für den Fall, dass sie Leitungsaufgaben innehaben sollen, eindeutig zu den Bestimmungen der Weltkirche bekennen müssen - geschieht das nicht, stünden personelle Maßnahmen im Raum. Mit Priestern innerhalb der Diözese St. Pölten hätte er diesbezüglich Gespräche geführt, betonte der Bischof. Er glaubt, es herrsche ein „gutes Gesprächsklima“.

Den Rücktritt eines Vorarlberger Pfarrers am Sonntag „bedauert“ Küng, der selbst aus Vorarlberg stammt, sehr. Er kenne den Betroffenen persönlich, auch dessen Nöte. Dass der Geistliche das fehlende Vertrauen in die Mitarbeiter der Kirche angesprochen hatte, sei in dem Zusammenhang sehr wichtig, da man ohne Vertrauen nicht leben könne. Es sei ihm daher ein sehr großes Anliegen, die Kommunikation der Priester untereinander zu fördern und Stärke im Miteinander zu finden, betonte Küng.

Kampagnenjahr 2012

Mit dem Sommer neigte sich auch die diesjährige Plakatkampagne „Der Auftrag“ der Diözese St. Pölten dem Ende zu. Mitarbeiter der Kirche - Geistliche und Laien - waren seit Juli auf großflächigen Plakaten präsentiert und standen für die Botschaft: „Wer alles gibt bekommt mehr zurück.“ Vom starken Echo zeigte sich der St. Pöltner Bischof überrascht: „Es waren trotz der einen oder andern kritischen Anfrage überaus positive Reaktionen. Menschen haben großes Interesse an unserer Arbeit gezeigt.“

Die nächste „Kampagne“ wird schon bald gestartet. Im Oktober beginnt das „Jahr des Glaubens“ - genau 50 Jahre nach Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils. Im St. Pöltner Dom wird es mit einer Vesper in Anwesenheit des Apostolischen Nuntius eingeleitet. Auch zwei Tagungen für Priester, Diakone und Interessierte soll es geben, bei denen eine „Re-Lecture“ des Konziltextes vorgesehen ist. Gleichzeitig werden über das ganze Jahr verteilt wesentliche Glaubensgeheimnisse gemeinsam mit Referenten aus unterschiedlichen Bereichen diskutiert und ein Nachdenkprozess angestrebt. Er hoffe, so der Bischof, dass in der kommenden Osternacht sehr viele Christen ihr Taufversprechen wohlüberlegt und bewusst erneuern werden. (APA)