Plakataktion in Polen

Eine Plakataktion von Atheisten hat in Polen eine Debatte über Religion im öffentlichen Leben ausgelöst. Nicht-Gläubige werfen der katholischen Kirche vor, als unmoralisch dargestellt zu werden.

„Ich töte nicht, ich stehle nicht, ich glaube nicht“, steht großformatig auf Werbeflächen im Zentrum der ostpolnischen Stadt Lublin, verantwortlich für die Aktion ist die Stiftung „Freiheit von Religion“. Auf anderen Plakaten ist zu lesen: „Du glaubst nicht an Gott? Du bist nicht allein!“ Hinter der Stiftung stehen Politiker der linksliberalen „Bewegung Palikots“ (RP), der drittstärksten Kraft im Parlament. Die Initiative wird von verschiedenen Vereinen, so der „Vereinigung der Rationalisten“ und Intellektuellen unterstützt. Die Kirche und konservative Abgeordnete antworten mit Gegen-Plakaten in mehreren Städten.

Für „Solidarität unter Atheisten“

„Die Kirche verwendet das Wort Atheist wie ein Schimpfwort“, erklärte der Philosophie-Professor Jan Hartman gegenüber Radio TOK FM seine Unterstützung. Nicht-Gläubigen werde unterstellt, „dass wir frei von Moral, dass wir ethische Relativisten oder sogar Nihilisten sind“, sagte er. Die Aktion solle deshalb zu einer „Solidarität unter den Atheisten“ beitragen. „Wenn sich in Polen jemand als Atheist erklärt, wird das als Provokation wahrgenommen“, bestätigte der Theologe Tadeusz Bartos, die Aktion bezeichnete er als „sympathisch mit verträglichen Schlagwörtern“.

Inzwischen hängen in polnischen Städten allerdings deutlich mehr Plakate, die für den Glauben werben. „Alles vergeht - aber ich bleibe“, heißt es an der Bauruine eines Hochhauses in Krakau, wo die katholische Kirche demnächst eine Evangelisierungs-Aktion plant. In Lublin steht auf Plakaten „Rettet Seelen, solange ihr noch könnt“, und der konservative Senator Kazimierz Jaworski ließ Transparente mit der Aufschrift „Der Glaube kommt zuerst" über der Fußgängerzone von Rzeszow anbringen.

Inzwischen mehr Plakate für den Glauben

Beobachter gehen davon aus, dass die Kirche - wie ihre Kritiker - in Zukunft verstärkt moderne Methoden für die innere Mission nutzen werde. „Ein religiöses Plakat ist für religiöse Menschen ein Element in ihrem Kontakt mit der Welt“, erklärte der Soziologe Tadeusz Szawiel der Zeitung „Rzeczpospolita“. In den vergangenen Jahren habe es schon einige erfolgreiche Aktionen gegeben, die auf moderne Medien wie Internet und spezielle Programme für Handys zurückgegriffen hätten, etwa die vor Ostern organisierte „Nacht des Beichtstuhls“, als Geistliche bis in der Früh Beichten abnahmen.

Den bekennenden Atheisten begegnen die Unterstützer der Glaubens-Plakate mit Mitleid. Sie seien „arme Menschen“, sagte der katholische Publizist Tomasz Terlikowski zu Radio TOK FM. „Wir beten für sie, ich denke, mit Erfolg“, erklärte Senator Jaworski.

APA