Wird es eng für kreuz.net?

Das Onlineportal kreuz.net sorgt seit acht Jahren mit radikalen Äußerungen zu Kirche und Gesellschaft für Erstaunen und Ärger. Konnten die Urheber hinter der Seite bisher anonym agieren, versucht jetzt eine deutsche Kampagne, gegen das fragwürdige Portal zu mobilisieren.

„Kreuz.net erweckt zwar den Eindruck, dass es ein katholisches und kirchliches Medium ist. Tatsächlich hat die Seite mit der katholischen Kirche aber nichts zu tun“, sagt Paul Wuthe, Leiter des Medienreferats der Österreichischen Bischofskonferenz. In den vergangenen Jahren musste der Jurist und Theologe diesen Satz sehr oft wiederholen.

Seit acht Jahren verbreitet das Internetportal kreuz.net ausländerfeindliche, homophobe und nicht nur einmal die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreitende Aussagen. In dieser Zeit konnte die Seite, die sich selbst gern als „europaweit größtes katholisches Portal“ bezeichnet, ungehindert ihre Hass- und Schimpftiraden verbreiten.

Anonyme Hetze

Durch eine geschickte Verschleierungstaktik machten die Betreiber der Seite Bemühungen, die Köpfe hinter dem Portal auszuforschen, zu einer bisher unlösbaren Aufgabe. Angemeldet ist die Internetadresse der Seite auf eine Organisation mit Namen „Sodalicium for Religion and Information“. Diese hat ihren Sitz einmal in den USA, dann wieder in Panama und scheint alles in allem nur auf dem Papier zu existieren.

Homepage kreuz.net

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Kreuz.net will „katholische Nachrichten“ liefern - die Kirche sieht das anders

In Österreich stehe die Seite schon länger unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz, und seit Jahren liefen immer wieder Ermittlungen gegen das Portal, so der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, gegenüber religion.ORF.at. Da der Server der Seite jedoch außerhalb Österreichs in den USA liege, seien den österreichischen wie auch den deutschen Ermittlern die Hände gebunden. Die einzige Möglichkeit wäre laut Grundböck, ein Amts- und Rechtshilfegesuch bei den amerikanischen Behörden einzubringen. Da die Gesetzeslage in den USA aber eine andere als in Österreich und etwa nationalsozialistische Wiederbetätigung nicht strafbar ist, wären die Erfolgsaussichten derartiger Bemühungen wohl eher gering.

Widerstand im Internet

Wie lange kreuz.net allerdings noch diese Form von Narrenfreiheit genießt, wird sich zeigen. Denn Anfang Oktober scheint das Onlineportal den Bogen endgültig überspannt zu haben. Nach dem Tod des deutschen TV-Unterhalters Dirk Bach Anfang Oktober ließ es sich kreuz.net nicht nehmen, in mehreren Artikeln über dem Moderator und Komiker den Stab zu brechen. Die Beschimpfungen gipfelten in der Schlagzeile „Jetzt brennt er in der Homo-Hölle“.

Im Internet sorgten diese Grenzüberschreitungen nicht nur für einen veritablen Aufschrei auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter. Es begann sich auch handfester Widerstand zu formieren. Der Berliner Bruno-Gmünder-Verlag startete die Kampagne „Stoppt Kreuz.net“ und schrieb ein „Kopfgeld“ für juristisch verwertbare Informationen über die Betreiber des verfassungsfeindlichen Portals aus. Hunderte Hinweise sind laut der Homepage der Kampagne bereits bei den Initiatoren eingegangen, die in der Folge Kontakt mit der deutschen Staatsanwaltschaft aufnahmen.

Homepage "Stoppt Kreuz.net"

religion.ORF.at

Der Widerstand gegen kreuz.net beginnt sich im Internet zu formieren

„Wir wollen sicherstellen, dass die Beweiskette wasserdicht ist. In den nächsten Tagen wird der Staatsanwalt entscheiden, wie es weitergeht“, sagte David Berger, Koordinator von „Stoppt Kreuz.net“ gegenüber der Nachrichtenagentur pressetext. Der Theologe hat mit dem Portal seine eigenen Erfahrungen gesammelt. Als sich Berger im April 2010 öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte, führte dies in der Folge nicht nur zu einem Entzug der kirchlichen Lehrberechtigung, sondern auch zu einer Hetzkampagne gegen ihn auf kreuz.net.

Politiker fordern Aufklärung

Die mediale Aufmerksamkeit hat mittlerweile in Deutschland und Österreich auch die Politik auf den Plan gerufen. In Österreich stellten drei Bundesratsabgeordnete der Grünen rund um Marco Schreuder am 9. Oktober eine Anfrage an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Sie wollten wissen, welche Schritte vonseiten des Ministeriums gegen die Seite unternommen wurden.

In Deutschland wandte sich der Grünen-Politiker Volker Beck in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, und forderte die Exkommunikation der Betreiber von kreuz.net. Bisher hat sich die Deutsche Bischofskonferenz zu diesem offenen Brief noch nicht geäußert. Pressesprecher Matthias Kopp sagte gegenüber pressetext nur, dass die Deutsche Bischofskonferenz selbst rechtliche Schritte gegen das Portal eingeleitet hätte. Die Urheber von kreuz.net kenne man aber nicht, so Kopp.

Rufschädigung für Kirche

Auch in Österreich, wo immer wieder die Ursprünge des Portals vermutet werden, habe die katholische Kirche keine Kenntnis von den Verantwortlichen hinter kreuz.net, versichert der Leiter des Medienreferats der Österreichischen Bischofskonferenz, Paul Wuthe. Sollte sich im Zuge der jetzt wieder neu ins Rollen gekommenen Untersuchung herausstellen, dass tatsächlich kirchliche Mitarbeiter ursächlich an kreuz.net beteiligt waren, so würde dies laut Wuthe aber auf jeden Fall dienstrechtliche und disziplinäre Konsequenzen nach sich ziehen.

Denn auch der österreichischen Bischofskonferenz wäre es am liebsten, wenn die problematische Seite so schnell wie möglich aus dem Netz verschwände - letztendlich schade sie dem Image der katholischen Kirche. „Wir haben in der letzten Zeit wieder sehr viele Anfragen von Kirchenmitgliedern bekommen, ob kreuz.net eine kirchliche Seite wäre. Wir können uns dann nur distanzieren und darauf hinweisen, dass es sich bei kreuz.net um kein kirchliches Internetmedium handelt“, sagt Wuthe beinahe schon resignierend. Sollte „Stoppt Kreuz.net“ Erfolg haben, bleiben ihm solche Erklärungen in Zukunft erspart.

Martin Steinmüller, religion.ORF.at

Links:

  • Österreichische Bischofskonferenz (www.bischofskonferenz.at)
  • Deutsche Bischofskonferenz (www.dbk.de)
  • „Stoppt Kreuz.net“