Wie viel Kreativität vertragen Friedhöfe?

In Dortmund hat sich ein krebskranker Bub vor seinem Tod einen Grabstein mit Fußball und Vereinslogo gewünscht. Für den katholischen Friedhof waren diese Symbole nicht christlich genug. In Wien geben sich die Friedhöfe in solchen Fragen offener.

Was darf und was muss auf einem Grabstein dargestellt werden? Diese Frage hat in den letzten Monaten nicht nur eine Dortmunder Kirchengemeinde sondern auch zehntausende Facebook-Benutzer beschäftigt. Auslöser war der letzte Wunsch eines krebskranken Buben in Dortmund. Der junge Fan des Fußballvereins Borussia Dortmund wünschte sich vor seinem Tod im Mai von seinen Eltern einen Grabstein mit Fußball und Logo „seines“ Vereins. Was sich nach einem erfüllbaren Wunsch anhört, sollte den Eltern des Buben in der Folge einiges an Mühe abverlangen.

Fußball kein religiöses Symbol

Dem geplanten Grabmal - eine Granitstele mit einem schwarz-weißen Fußball mit BVB-Emblem und dem Borussia-Slogan „Echte Liebe“ – fehle die christliche Symbolik, hieß es vonseiten der katholischen Gemeinde Mariä Heimsuchung, die den katholischen Friedhof in Dortmund-Bodelschwingh verwaltet. Die Ablehnung des letzten Wunsches des Buben rief in der Folge zehntausende Facebook-Benutzer auf den Plan. Im Internet wurde bereits über Demonstrationen für das Fußball-Grabmal nachgedacht.

Kindergrab in Dortmund

picturedesk.com / dpa / Bernd Thissen

Noch ist das Grab des jungen BVB-Fans nur ein Provisorium - bald soll hier eine Granitstele mit Fußball und Vereinslogo stehen.

Wohl auch aufgrund dieses Drucks lenkte die Kirchengemeinde mittlerweile ein und einigte sich mit den Eltern auf einen Kompromiss. Der Fußball soll von der Spitze in den unteren Bereich des Grabsteins verlegt und das Grabmal durch ein christliches Symbol ergänzt werden, damit der BVB-Schriftzug „Echte Liebe“ nicht nur auf den Sport bezogen werde, teilte die katholische Stadtkirche am Dienstagabend mit. Die katholische Gemeinde sieht damit ihr Anliegen, den christlichen Charakter des katholischen Friedhofs zu erhalten, gesichert.

Weiter Gestaltungsspielraum

Was in Dortmund für große Aufregung gesorgt hat, hätte in Wien vermutlich weit weniger hohe Wellen geschlagen. Die katholischen Pfarrfriedhöfe in Nußdorf und Penzing haben gleich gar keinen Passus über die Gestaltung von Grabmälern in die Friedhofsordnung aufgenommen. Zwar sind die Friedhöfe für Angehörige christlicher Kirchen bestimmt. Aber auch Grabsteine ohne christliche Symbolik stellen kein Problem dar, heißt es aus dem Büro der Friedhofsverwaltung in Nußdorf.

Bestimmter gibt man sich am dritten Wiener katholischen Friedhof im Kahlenbergerdorf. Hier muss jeder Grabstein ein religiöses Symbol tragen. Die Auslegung, was hierunter falle, sei aber eine weite, sagt Ernst Kallinger, Pfarrer der Gemeinde Kahlenbergerdorf, gegenüber religion.ORF.at. Was neben diesem verpflichtendem Symbol noch auf dem Grabstein Platz finde, stehe den Angehörigen relativ frei, so der Pfarrer.

Wahrung der Pietät

Auch auf evangelischer Seite lässt man der Gestaltung der Gräber auf den eigenen Friedhöfen einen großen Spielraum. Zwar finden sich in den Ordnungen der beiden evangelischen Friedhöfe am Matzleinsdorfer Platz und in Simmering Paragrafen, die die Gestaltung der Grabmäler regeln. In diesen gehe es zuvorderst um ausgefallene künstlerische Gestaltungen und auch dann stehen eher praktische Gesichtspunkte im Zentrum, so die Matzleinsdorfer Friedhofsverwaltung. So müsse man etwa Grabmäler aus Glas vor allem deshalb genehmigen lassen, weil diese leichter zu Bruch gehen könnten.

Grab von Falco

APA / Gerald Lechner

Das Grab von Falco am Wiener Zentralfriedhof - nur ein Beispiel für kreative Grabgestaltung in Wien.

Was für die kirchlichen Friedhöfe gilt, lässt sich auch auf das städtische Bestattungswesen umlegen. Grabmäler müssen sich im Rahmen der Pietät bewegen, sagt Florian Keusch, Pressesprecher der Bestattung und Friedhöfe Wien. Auch die Wiener Friedhofsordnung spricht einzig davon, dass Gedenkzeichen und deren Inschriften der Würde des Friedhofes entsprechen müssen. Wer schon einmal auf dem Wiener Zentralfriedhof spazieren war, weiß, dass der Spielraum hier weit gesteckt ist. Ein Fußball am Grabstein würde hier wohl nicht zum Streitfall werden.

Martin Steinmüller, religion.orf.at

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