Vatikan: Dialogzentrum soll Religionsfreiheit fördern

Das neue König-Abdullah-Dialogzentrum (KAICIID) in Wien soll nach dem Wunsch des Papstes einen Dienst an der universellen und weltweiten Religionsfreiheit erfüllen. Das sagte der vatikanische Kurienkardinal Jean-Louis Tauran bei der Eröffnung am Montagabend.

Die feierliche Inauguration der neuen internationalen Organisation fand vor mehr als 800 Repräsentanten der Weltreligionen, der Regierungen und internationaler Organisationen in der Wiener Hofburg satt. Unter den religiösen Amtsträgern befand sich auch der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, sowie zahlreiche Vertreter der Ökumene und der Religionsgemeinschaften in Österreich - mehr dazu in Eröffnung des König-Abdullah-Dialogzentrums.

Kardinal Tauran sagte, dass Papst Benedikt XVI. die Bestrebungen des neuen Dialogzentrums voll unterstütze und der Vatikan daher als offizieller Beobachter das Wirken der Organisation begleite. Die katholische Kirche hoffe, dass das Zentrum den Respekt vor der sich vielfältig zeigenden religiösen Dimension des Menschen verstärkt. Weiters solle es das gegenseitige Wissen der Religionsgemeinschaften übereinander vergrößern und helfen, dass der „Pilgerweg des Menschen in Freiheit und in Frieden erfolgt“. Die Kirche wolle nach dem Wunsch des Papstes all jenen nahe sein, die auf diesem Weg Leid zu ertragen hätten.

Eröffnung des Wiener König-Abdullah-Zentrums

APA/Dragan Tatic

V. r. n. l.: Außenminister Michael Spindelegger, Swami Agnivesh, Außenminister von Saudi-Arabien Prinz Saud al-Faisal und der spanische Außenminister Jose Manuel Garcia Margallo

Es gelte, mit vielen Organisationen und Initiativen zusammenzuarbeiten. Jeder erwarte sich, dass das neue Zentrum „mit Ehrlichkeit, Vision und Glaubwürdigkeit“ agiere und die Gelegenheit für einen offenen Dialog über grundlegende Menschenrechte wie die Religionsfreiheit auch wirklich genutzt werde.

Ban: Religionen haben Einfluss und Verantwortung

Volle Unterstützung für das KAICIID kommt von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. In seiner Rede würdigte er die Ziele der neuen internationalen Organisation zur Stärkung der Menschenrechte und in der „Zusammenarbeit für Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden“. Die „Vision von Religion als Ermöglicher von Respekt und Versöhnung“ könne er „voll unterstützen“, so Ban. Den religiösen Autoritäten attestierte Ban „immensen Einfluss“: Religionen könnten „ein Beispiel für interreligiösen Dialog setzen“ und hätten die Möglichkeit, Menschen aufgrund allgemeiner religiöser Grundsätze zu vereinen. Auch seien Religionsgemeinschaften starke Kräfte für die Zusammenarbeit und das Lernen.

Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios und UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon

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Der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., und UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon

Gleichzeitig appellierte der UNO-Generalsekretär an das Verantwortungsbewusstsein der Religionen: Zu viele religiöse Führer hätten in Vergangenheit und Gegenwart Intoleranz, Extremismus und Hass gefördert. Vor diesem Hintergrund zeigte sich Ban von den Bestrebungen des neuen Zentrums überzeugt, Dialog, Verstehen, Toleranz und Respekt vor Religionen, Kulturen und Glaubensüberzeugungen zu fördern.

Bartholomaios: Dialog zu den Menschen bringen

Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. nannte das KAICIID „ein Zentrum der Hoffnung“. Die Eröffnung sei ein Statement an die Welt, Probleme mit Eintracht und nicht im Konflikt zu lösen. „Gewalt bringt uns niemals näher zu Gott, sondern rückt den Menschen vom Göttlichen ab“, so das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. Der Gewalt aufgrund verschiedener religiöser oder kultureller Überzeugungen müsse ein Ende gesetzt werden. „Ein Krieg im Namen der Religion ist eine Krieg gegen die Religion,“ sagte Bartholomaios.

Der Ökumenische Patriarch betonte die Bedeutung des Engagements für Religionsfreiheit in aller Welt. Friede entstehe nicht durch das „Herrschen über andere“, sondern durch die Erlaubnis an jeden Einzelnen, seinem Gewissen zu folgen. „Wir sehnen uns nach dem Tag, an dem Hass und Zerstörung dem Respekt für Würde und Einzigartigkeit des Menschen weichen“, so Bartholomaios. Es gelte den bereits bestehenden interreligiösen Dialog „von der obersten Ebene der religiösen Amtsträger auf die Kanzel und von dort auf die Straße“ zu bringen.

Spindelegger: „Meilenstein für den Dialog“

An der Spitze der politischen Vertreter bei der Inauguration des König-Abdullah-Dialogzentrums standen die Außenminister von Österreich, Spanien und Saudi-Arabien. Das neue Zentrum sei „Meilenstein für den Dialog“ und „Beitrag zu einer sichereren und friedlicheren Welt“, gab sich der gastgebende Regierungsvertreter Michael Spindelegger (ÖVP) überzeugt. Der Außenminister erinnerte an das langjährige Engagement Österreichs für den interreligiösen Austausch und die weltweite Förderung der Menschenrechte. Das KAICIID sei ein „einzigartiges Instrument im Kampf gegen den Missbrauch der Religion“ in gewalttätigen Konflikten.

Die Welt müsse Alternativen zu Aggression und Gewalt finden, sagte Bundespräsident Heinz Fischer in einer per Video eingespielten Grußbotschaft. Das König-Abdullah-Zentrum sei eine einmalige Chance, um Dialog, aber auch die kritische Diskussion über Menschenrechte und Grundfreiheiten zu stärken und Frieden zu fördern.

Prinz Bin Abdelasis: „Ein Traum erfüllt“

Der saudische Außenminister Saud al-Faisal bin Abdelasis Al Saud begründete die Auswahl Wiens als KAICIID-Standort unter anderem mit dessen Rolle als „Schnittpunkt der Kulturen“. Mit der Realisierung des Wiener Dialogzentrums habe sich für König Abdullah „ein Traum erfüllt“. Das Zentrum solle „Botschafter für die Anliegen der Religionen“ in aller Welt sein sowie durch mehr Toleranz, Respekt und Dialog den Frieden fördern. Angesichts von Terrorismus und Auseinandersetzungen, in denen religiöse Werte nicht beachtet werden, gelte es der Gewaltspirale Einhalt zu gebieten. „Wir dürfen das Feld nicht der Gewalt überlassen“, betonte der saudische Prinz.

Ereignisse wie der 11. September 2001 hätten gezeigt, dass „religiöse Ansichten genug Macht haben, um Frieden oder Krieg zu bringen“, erinnerte der Präsident der Europäischen Rabbinervereinigung, Rabbi Pinchas Goldschmidt. Interreligiösen Dialog dürfe es nicht nur zwischen jenen geben, die ohnehin von der Notwendigkeit des Dialogs überzeugt seien oder wenig Einfluss in ihren Religionsgemeinschaften ausübten, appellierte der Moskauer Rabbiner. Umso wichtiger sei, dass die Initiative zum König-Abdullah-Zentrum „aus dem Herzen der islamischen Welt“ gekommen sei.

Schönborn: Keine Alternative zum Dialog

Als Gegenmodell zur Gewalt sei der Dialog der einzige Weg, zu dem es keine Alternative gebe, sagte Kardinal Schönborn. Es sei jede Initiative zu begrüßen, die einen ehrlichen Dialog wolle. Zugleich sei auch darüber „Rechenschaft zu geben“, wenn man dies nicht versuchen würde. Er habe die konkrete Hoffnung und Erwartung, dass im Rahmen des KAICIID die weltweite Situation der bedrängten und verfolgten Christen angesprochen werde, sagte der Wiener Erzbischof und verwies in diesem Zusammenhang auf die Ansprache von Kurienkardinal Tauran.

Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz würdigte die Qualität des hierzulande praktizierten interreligiösen Dialogs. Österreich habe diesbezüglich international „einen guten Ruf“. Das neue Dialogzentrum sei eine Chance für die österreichische Außenpolitik, „die Möglichkeit des Dialogs aktiv zu nutzen“. Die Religionsgemeinschaften in Österreich wollen sich daran „aktiv beteiligen“, so Schönborn.

Vatikan als „Beobachterstaat“

Im Rahmen des Festakts in der Hofburg fand die Unterzeichnung der KAICIID-affirmation durch die insgesamt neun Vertreter der fünf Weltreligionen im Aufsichtsrat des Abdullah-Zentrums statt. Das Zentrum wurde durch ein völkerrechtliches Abkommen zwischen Spanien, Österreich und Saudi-Arabien ins Leben gerufen, der Vatikan hat seit Oktober den Status eines Beobachterstaates. Saudi-Arabien stellt die Finanzierung der Einrichtung in den ersten drei Jahren mit bis zu 15 Millionen Euro sicher.

Zentrales Gremium der Organisation mit Sitz im Palais Sturany in der Wiener Innenstadt ist der neunköpfige Aufsichtsrat mit Vertretern der fünf Weltreligionen Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus. Die katholische Kirche wird durch den Sekretär des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, den Combonianer-Pater und Islamwissenschaftler Miguel Angel Ayuso Guixot, vertreten.

KAICIID-Generalsekretär ist der frühere stellvertretende saudische Bildungsminister Faisal Abdulrahman Bin Muammar, seine Stellvertreterin die ehemalige österreichische Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Sie sollen künftig auch von einem rund 100 Mitglieder umfassenden Beraterforum mit Vertretern unterschiedlicher Religionen, kultureller Institutionen und internationaler Organisationen unterstützt werden.

KAP

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Link:

  • König-Abdullah-Dialogzentrum(www.kaiciid.at)