Dialogzentrum sorgt weiter für Diskussionen

Das Thema der Religionsfreiheit in Saudi-Arabien und die Chancen auf einen Wandel beschäftigen nach der Eröffnung des Wiener König-Abdullah-Dialogzentrums (KAICIID) Religionsvertreter und Medienbeobachter.

Der griechisch-orthodoxe Metropolit von Frankreich, Emmanuel Adamakis, äußerte sich am Dienstagabend vor Journalisten zu Lage in Saudi-Arabien. Adamakis ist einer von neun Aufsichtsräten im Zentrum.

Metropolit Emmanuel Adamakis

dapd / AP

Metropolit Emmanuel Adamakis hofft auf Veränderungen in Saudi-Arabien.

Transparenz entscheidend

Der Metropolit sieht tatsächliche Chancen auf eine Öffnung des Wahabiten-Landes. Entscheidend werde sein, ob es zu einer Mitgliederversammlung in Saudi-Arabien, etwa in der Hauptstadt Riad, kommen werde, was tatsächlich einer Sensation gleich käme, so Adamakis. Denn im Land der zwei heiligsten Moscheen - Mekka und Medina - sind aktuell christliche Gottesdienste sowie der Bau von Kirchen, Synagogen oder Tempeln strengstens verboten.

Angesichts der Kritik und Skepsis werde das König-Abdullah-Zentrum besonders transparent sein müssen, sagte Adamakis. Kritische Stimmen zum Zentrum registriere er durchaus, zeigte sich aber verwundert: „Wie kann man etwas kritisieren, dessen Ergebnisse man noch nicht kennt?“ Wenn jemand einem die Hand reiche, sei es jedenfalls immer besser, sie auch zu ergreifen.

Muslimische Kritik

Kritische Stimmen zum neu eröffneten König-Abdullah-Zentrum kommen nicht nur aus dem christlichen und agnostischen Spektrum. Auch eine Reihe von Vertretern der Muslime sind gegen die Einrichtung, die ihren Sitz im früheren Katholisch-theologischen Institutsgebäude am Wiener Schottenring haben wird.

Die Sprecher der Initiative Liberaler Muslime (ILMÖ) und der Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft (Alevi) kritisierten im Gespräch mit der Tageszeitung „Die Presse“ den Negativeinfluss des Finanzgebers und Gründungsmitglieds Saudi-Arabien. Die absolute Monarchie mit dem salafistischen Islam (Wahabismus) als Staatsreligion repräsentiere weder Dialog noch einen in Europa lebbaren Islam. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) geht hingegen von einer unabhängigen Arbeit des Dialogzentrums aus.

Gefahr Wahabismus

ILMÖ-Sprecher Amer Albayati befürchtet auch wachsenden Einfluss des „undemokratischen Regimes“ in Riad und der dort dominierenden „wahabitischen Ultrasekte“ auf die Integration von Muslimen in Österreich. Von Saudi-Arabien, das „seit Jahrzehnten fundamentalistische Organisationen in Österreich und Europa“ unterstütze, sei „kein ernsthafter Dialog“ zu erwarten. Das von Saudi-Arabien gemeinsam mit Österreich und Spanien gegründete Dialogforum sei vielmehr Ausdruck von „Heuchelei“.

Alevi-Sprecher Riza Sari erwartet ebenfalls keine positiven Auswirkungen auf Österreich und die hier lebenden Muslime haben. Die Art und Weise, wie der Islam in Saudi-Arabien ausgelegt werde, sei mit europäischen Grundwerten nicht vereinbar.

Dialog als Chance

Weniger kritisch äußerte sich Zekirija Sejdini von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich: Zwar sei „eine gewisse Skepsis“ verständlich, diese dürfe jedoch nicht zur Dialogverweigerung führen. Mit dem König-Abdullah-Zentrum sei vielmehr eine Chance auch zur „langfristigen Öffnung Saudi-Arabiens“ wahrgenommen worden. „Transparente Entscheidungen“ seien angesichts der Gleichberechtigung der Gründerstaaten Österreich, Spanien und Saudi-Arabien sowie der eingebundenen Vertreter von fünf Weltreligionen erwartbar.

In die gleiche Kerbe schlug auch der Obmann der „Initiative muslimischer Österreicher“, Tarafa Baghajati: Auch eine kritische Haltung müsse dem Dialog eine Chance geben. Zugleich empfahl er den Zentrumsverantwortlichen, „sich nicht nur auf pompöse Veranstaltungen und Glanzbroschüren zu beschränken“. Entscheidend sei die Gewährleistung einer von jeglichen Einflüssen unabhängigen Arbeit des Dialogzentrums.

KAP / APA