Istanbul: Streit um Bau einer Kirche

Die Stadt Istanbul erteilte der syrisch-orthodoxen Kirche die Erlaubnis, eine Kirche zu bauen. Das Grundstück gehört allerdings einer italienischen katholischen Pfarre. Auf dem Areal befinden sich ein alter katholischer Friedhof und eine Kapelle.

In Istanbul hat die Stadtverwaltung der syrisch-orthodoxen Kirche die Erlaubnis zu einem Kirchenbau gegeben, allerdings ausgerechnet auf einem Grundstück, das die italienische katholische Pfarre als Eigentum beansprucht. Es handelt sich um einen alten katholischen Friedhof mit einer Kapelle. Die Stadtverwaltung hatte den Syrern am zehnten Dezember die Erlaubnis für einen Kirchenneubau auf diesem Grund gegeben.

Ungeklärte Eigentumsverhältnisse

Der stellvertretende Bezirksbürgermeister des Beziks Bakirköy, Yervant Özuzun, erklärte vor Journalisten, es sei nur ein Teil des Friedhofs für den Kirchenbau umgewidmet worden. Die Erhaltung der Gräber und der katholischen Kapelle sei gesichert, auch die Denkmalschutzbehörde habe ihre Zustimmung erteilt. Im übrigen sei der Friedhof seit 1951 städtisches Eigentum.

Ausschnitt der Stadt Istanbul

Reuters/Fatih Saribas

Die Altstadt von Istanbul

Dem widersprach der Pfarrer Bruno Simonelli. Der Friedhof sei seit 1868 Eigentum der italienischen Gemeinde. „Wir sind durchaus bereit, den Syrisch-Orthodoxen einen Teil des Grundstücks zu überlassen. Allerdings muss zunächst wieder das Eigentumsrecht an uns als die rechtmäßigen Eigner übertragen werden“, so Simonelli wörtlich im Gespräch mit der Zeitung „Radikal“.

„Keine Kirche auf den Gebeinen der Toten“

Eine Entscheidung über die Köpfe der italienischen Gemeinde hinweg sei nicht hinnehmbar: „Wir können über diese Transaktion der Stadtverwaltung nicht ruhig bleiben, solange man nicht mit uns verhandelt.“ Daraufhin meldeten sich führende Laien der syrisch-orthodoxen Gemeinde mit einer Stellungnahme unter dem Titel „Wir wollen keine Kirche auf den Gebeinen der Toten“ zu Wort. Die syrisch-orthodoxe Gemeinde in Istanbul hätte das Recht auf den Neubau einer Kirche. „Aber diese Lösung wollen wir nicht“, so der offene Brief.

In der Stellungnahme wird betont, dass die Entscheidung, Eigentum einer anderen Kirche für den Bau eines syrisch-orthodoxen Gotteshauses zur Verfügung zu stellen, im Zusammenhang mit dem „skandalösen Urteil“ des Obersten Appelationsgerichtshofs gegen das Kloster Mar Gabriel in der Südosttürkei gesehen werden müsse. Dort habe man dem Staat syrisch-orthodoxes Klosterland zugeschanzt. Jetzt wolle man mit der Zuteilung eines Grundstück für einen Kirchenneubau bei den syrisch-orthodoxen Christen und in der Öffentlichkeit „Eindruck schinden“.

Mehrere Sakralbauten in Planung

Das Friedhofsgrundstück müsse seinen rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden, und die Stadtverwaltung müsse ein anderes Grundstück zur Verfügung stellen. „Es darf bei dem Baugrund keine Probleme geben.“

In Istanbul wird die Erlaubnis zum Bau eines Gotteshauses für die syrisch-orthodoxe Kirche auch mit der laufenden Diskussion um die geplante Errichtung von zwei neuen großen Moscheen in Zusammenhang gebracht. In Camlica, auf der asiatischen Seite des Bosporus, soll die größte Moschee der Millionenstadt entstehen; auch auf dem zentralen Taksim-Platz ist ein Moscheebau geplant. Mehrere Aktionsgruppen wollen durch Einsatz aller juridischen Mittel vor allem den Moscheebau auf dem Taksim-Platz verhindern.

religion.ORF.at/KAP