Äthiopien: Bildung als Zukunftschance

Die Dreikönigaktion der Katholischen Jungschar unterstützt unter anderem Projekte in Äthiopien. Das Land befindet sich im Wandel und Bildung ist oft die einzige Chance auf eine menschenwürdige Zukunft.

In grünen Schuluniformen sitzen die Kinder in den Klassenzimmern der Schule hier in der kleinen 1500-Einwohner-Gemeinde Ano im äthiopischen Hochland, rund 260 Kilometer südlich der Hauptstadt Addis Abeba. Die Kleineren üben gerade Englisch - im Sprechchor. Doch bei den Größeren bietet sich ein für Äthiopien eher ungewöhnliches Bild: In Kleingruppen sitzen die Schüler und Schülerinnen beisammen, die Mathematikbeispiele vor sich, und erarbeiten selbständig Lösungsansätze. Moderne Unterrichtsmethoden wie Gruppenarbeit und ähnliches sind in Äthiopien noch keine Selbstverständlichkeit. Und dies in einer ländlichen Region wie hier in Arssi umso ungewöhnlicher.

Hochland in Äthiopien

ORF/Alexandra Mantler-Felnhofer

Auf einer Höhe von 2600 bis 4000 Meter, lebt die Volksgruppe der Arssi

Die Dreikönigsaktion

der Katholischen Jungschar ist ein Hilfswerk, das sich solidarisch zugunsten benachteiligter Menschen einsetzt.

In diesen Tagen sind in ganz Österreich wieder rund 85 000 Mädchen und Buben unterwegs, um als Sternsinger Spenden zu sammeln.

Die Arssi sind eine der 13 Volksgruppen, aus denen die größte Bevölkerungsgruppe Äthiopiens, die Oromo, geformt wird. Welcher Volksgruppe man angehört, spielt in Äthiopien nach wie vor eine wichtige Rolle, wenn es um politische und gesellschaftliche Mitbestimmung geht. „Die Arssi sind eine Volksgruppe, die vor rund 120 Jahren erobert wurde durch die Amharen“, erklärt Wolfgang Böhm, der seit 20 Jahren die Projekte der Dreikönigsaktion (DKA) in Afrika koordiniert. Diese Erfahrung habe das Selbstverständnis der einst stolzen und wehrhaften Volksgruppe nachhaltig erschüttert.

Gesellschaft im Wandel

Der Wandel von einer Nomadengesellschaft zu sesshaften Ackerbauern, habe die Arssi ebenso vor neue Herausforderungen gestellt wie der Einbruch der Moderne, die auch vor ländlichen Gegenden wie dieser nicht Halt mache, erklärt Wolfgang Böhm: „Viele, vor allem unter den Jugendlichen, sind zunehmend kulturelle entwurzelt und es bedarf eines Bewusstseinsprozesses, ein Nachdenken darüber, wie man wieder zu einer Gesellschaft werden kann, die respektiert ist, die vorwärts gerichtet ist, die nicht in einer gewissen Lethargie verfangen ist.“

Zwar hat auch die äthiopische Regierung in den letzten Jahren eine durchaus engagierte Bildungsoffensive gestartet, doch die Qualität der Schulbildung ist oft sehr schlecht, vor allem in den ländlichen Regionen.

Schule in Äthiopien

DKA/Georg Bauer

Investition in Schulbildung bedeutet Investition in die Zukunft

Und genau hier setzt die äthiopische Hilfsorganisation HEFTA, die von der österreichischen Dreikönigsaktion unterstützt wird, an: Die Dorfgemeinschaft von Ano ist selbst aktiv geworden und hat beschlossen in eine qualitativ gute Bildung für ihre Kinder zu investieren: Eine Schule wurde gebaut, die Bauern haben Ackerland zur Verfügung gestellt, das von der Schule genützt wird, und das Gehalt, das die Dorfbewohner den Lehrern und Lehrerinnen bezahlen, liegt etwa zwanzig Prozent über dem landesweit üblichen.

Programmhinweis:

Praxis - Religion und Gesellschaft: „Äthiopien - Sicherungsanker in unsicherer Zeit“

Mittwoch, 2.1. 2013 16.00 Uhr, Ö1.
Und zum Nachhören auf der Homepage von Ö1 unter der Rubrik „7 Tage Ö1“.

Dafür bestimmt die Dorfgemeinschaft auch, welche Lehrer und Lehrerinnen ihre Kinder unterrichten sollen. Und vor allem für die Mädchen, die - auch weil sie zu Hause oft noch deutlich mehr mitarbeiten müssen als die Burschen - besonders oft die Schule vorzeitig abbrechen, gibt es organisierten Nachhilfeunterricht, sogenannte „Tutorial classes“ am Wochenende.

Arssifrauen in Äthiopien

ORF/Alexandra Mantler-Felnhofer

Die Volksgruppe der Arssi im Hochland von Äthiopien

Die 19jährige Berkenes Alemo hat ganz konkrete Berufspläne: Sie möchte Journalistin werden. „Ich möchte mein eigenes Land, die Leute hier, besser kennenlernen“, erzählt die junge Frau. Sie wolle dabei vor allem mehr Bewusstsein in der Bevölkerung schaffen, welche Probleme die frühe Verheiratung vieler Mädchen mit sich bringe. Davon könne sie aus eigener Erfahrung sprechen, erzählt Berkenes: „Ich habe bereits einen zweijährigen Sohn, ich habe mit 17 Jahren geheiratet. Mein Vater wollte mich mit einem recht wohlhabenden Typen verheiraten, der viel älter war als ich. Aber das wollte ich nicht. Ich habe dann einen Gleichaltrigen geheiratet.“ Berkenes Mann arbeitet als Tagelöhner und unterstützt seine Frau dabei, dass sie weiterhin in die Schule geht, eine Ausbildung macht – auch das ist keine Selbstverständlichkeit hier in Äthiopien.

Die österreichische DKA unterstützt mit den Spenden, die die Sternsinger heuer wieder sammeln auch diesen selbstbestimmten Entwicklungsprozess der Arssi im Hochland von Äthiopien, die in einer guten Bildung für ihre Kinder einen Sicherungsanker in unsicherer Zeit sehen.

Alexandra Mantler-Felnhofer für religion.ORF.at

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