Wenig Aufregung um neue Mohammed-Karikaturen

Das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ hat am Mittwoch einen Comic-Band über das Leben Mohammeds veröffentlicht. Die Proteste von muslimischer Seite blieben bisher sehr verhalten.

Wer mit großer Entrüstung und Empörung gerechnet hat, scheint diesmal danebengelegen zu sein. Am Mittwoch hat das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ einen 64 Seiten starken Comic-Band über das Leben Mohammeds veröffentlicht. Die großen Proteste blieben bisher aus.

Biographie des Propheten

Die französische Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem verwies in einer ersten Reaktion auf die Meinungsfreiheit in Frankreich. Dem Sender France 2 sagte sie: „Es ist nicht notwendig, Öl ins Feuer zu gießen.“ Frankreich brauche ein Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und der Achtung der öffentlichen Ordnung. Das Comicheft von „Charlie Hebdo“ wollte sie aber nicht beurteilen, da sie es nach eigenem Bekunden noch nicht gesehen hatte.

Bei „Charlie Hebdo“ gibt man sich unschuldig. Laut den Machern des Comics, allen voran der Zeichner und Chefredakteur der Satire-Zeitung, Stephane Charbonnier, wolle das Heft nicht aufregen. Es sei weder Karikatur noch Satire. Vielmehr handle es sich um eine möglichst genaue Biographie des Propheten, die auf Texten von muslimischen Autoren beruhe, so Charbonnier am Mittwoch.

Mohammed Comic

EPA/Yoan Valat

Der Comic-Band zum Leben Mohammeds sorgt zurzeit nur für wenig Aufregung.

Als Grundlage hätten vor allem die Recherchen und Erkenntnisse einer französisch-marokkanischen Soziologin und Islam-Spezialistin gedient. „Sie hat das Buch mehr geschrieben als ich“, sagte Charbonnier der Nachrichtenagentur dpa. Insgesamt 90 Fußnoten in den Comics verweisen auf Fundstellen für Texte und Bilder – unter den genannten Quellen findet sich auch der Koran.

Aufruf zu Zurückhaltung

Beschwichtigende Worte kamen am Mittwoch auch von muslimischer Seite. Die in Saudi-Arabien beheimatete Organisation für islamische Kooperation (OIC) riet Muslimen sich nicht provozieren zu lassen. Der türkische Generalsekretär des Zusammenschlusses islamischer Staaten plädierte dafür, „auf diese Aufwiegelung mit Zurückhaltung zu reagieren“. Auf der Homepage der Organisation forderte er aber gleichzeitig die französischen Behörden auf, rechtliche Schritte gegen „Charlie Hebdo“ vorzunehmen.

Chefredakteur von Charlie Hebdo, Stephane Charbonnier

EPA/Yoan Valat

Stephane Charbonnier ist seit 2009 Chefredakteur von „Charlie Hebdo“.

Ähnliche Worte fand Ibrahim Kalin, Berater des türkischen Premierministers Erdogan, bereits am Montag auf dem Kurznachrichtendienst twitter. „Den Propheten des Islam in einen Cartoon-Charakter zu verwandeln ist einfach falsch“, schrieb er noch zwei Tage vor der Veröffentlichung des Comic-Bandes. Zugleich hielt der türkische Politiker die Muslime aber dazu an, diese „Provokation“ zu ignorieren.

Provokante Tradition

Bisher scheint die islamische Welt genau dies zu tun - eine Reaktion, die in den letzten Jahren nicht selbstverständlich war. Die letzten Unmutsstürme provozierte „Charlie Hebdo“ im September 2012. Das französische Magazin veröffentlichte Mohammed-Karikaturen, die den Propheten unter anderem nackt zeigten – nur wenige Tage, nachdem ein Schmähvideo über Mohammed in Teilen der islamischen Welt für massive Proteste gesorgt hatte. In der Folge blieben zahlreiche französische Einrichtungen in den betroffenen Regionen aus Sicherheitsgründen mehrere Tage lang geschlossen. Die Redaktionsräumlichkeiten von „Charlie Hebdo“ wurden unter Polizeischutz gestellt.

Redaktionsräumlichkeiten von Charlie Hebdo nach Anschlag

MAXPPP / Julien Muguet

Die Redaktionsräume von „Charlie Hebdo“ nach einem Brandanschlag 2011.

Bereits 2011 waren die Büros der Zeitung zum Opfer eines Brandanschlags geworden. Damals hatte das Satiremagazin eine Scharia-Sonderausgabe mit einem „Chefredakteur Mohammed“ herausgebracht. Der tatsächliche Chefredakteur von „Charlie Hebdo“, soll danach unter Polizeischutz gestellt worden sein. Den Vorwurf, mit seinen Veröffentlichungen Öl ins Feuer zu gießen, weist Charbonnier allerdings zurück. „Religiöse Extremisten warten nicht auf ‚Charlie‘, um gewalttätig zu sein“, sagte der Satiriker der dpa, „und sie brauchen ‚Charlie‘ dafür auch nicht als Vorwand.“

Martin Steinmüller, religion.ORF.at

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