Der Kampf der Kirche gegen die Homo-Ehe

Die von Frankreich ausgehende Debatte um die Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften mobilisiert auch in anderen Ländern Proteste. Religionsgemeinschaften, allen voran die katholische Kirche, sind führende Stimmen gegen die Gleichberechtigung.

In Paris protestierten mehrere Hunderttausend Menschen am Sonntag gegen die vollständige rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften. Die Veranstalter sprachen französischen Medienberichten zufolge von 650.000 bis einer Million Teilnehmern, die Polizei zählte 340.000 Menschen.

„Zwar sind die Katholiken an der Spitze der Protestbewegung, doch der Widerstand gegen dieses Gesetz wird auch von Juden, Muslimen und einem Teil der Bevölkerung unterstützt, der auf Distanz zu religiösen Riten gegangen ist“, kommentiert die französische Zeitung Dernieres Nouvelles d’Alsace die Proteste. In Rom protestierten am Sonntag halbnackte Frauen, während der Papst sein Angelus-Gebet sprach - mehr dazu in Vatikan: Barbusiger Protest gegen Homosexuellenpolitik.

Demonstranten vor dem pariser Eiffelturm.

Reuters/Charles Platiau

Mehrere Hunderttausend Menschen nahmen am Sonntag in Paris an einer Demonstration gegen die Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften teil

Kardinal sieht Wählertäuschung

Das geplante Gesetz für gleichgeschlechtliche Ehen kommt nach den Worten des früheren vatikanischen Kulturministers, Kardinal Paul Poupard, einer Wählertäuschung gleich. Auch viele Wähler von Präsident Francois Hollande würden keine so tiefgreifenden Veränderung der Gesellschaft wollen, sagte Poupard dem Internetportal Vatican Insider am Montag. Das Lager der Gegner des Gesetzes gehe weit über das katholische Spektrum hinaus und umfasse Nichtgläubige und selbst Homosexuelle.

Bisher gilt die seit 1999 eingeführte Lebenspartnerschaft für hetero- wie homosexuelle Paare, die sie etwa in bestimmten Steuer- oder sozialen Fragen mit heterosexuellen Paaren gleichstellt. Bei Erbschaften oder Adoption ist das aber nicht der Fall. Nach dem Gesetzesprojekt der Sozialisten, das ab Ende Jänner im Parlament beraten werden soll, würde künftig die vollständige Gleichstellung durch die Homoehe und beim Adoptionsrecht sichergestellt.

Kardinal Paul Poupard

dapd/ AP

Kardinal Paul Poupard bekämpft die geplante Regelung vehement

Kirchliches Argument Kindeswohl

Die Familie auf Basis einer Ehe zwischen Mann und Frau bilde das Fundament der Demokratie, sagte der 82-jährige französische Geistliche, der mehr als zwei Jahrzehnte lang als einer der einflussreichsten Kurienkardinäle galt. Wer den Wert der traditionellen Familie bedroht, handle gegen das Gemeinwohl und habe eine falsche Auffassung von menschlicher Freiheit. Papst Benedikt XVI. hatte bereits vor Weihnachten zu dem Thema gleichgeschlechtliche Ehe geäußert - mehr dazu in Papst: „Homo-Ehe“ ist „echter Anschlag auf die Familie“.

Auch in England mobilisiert sowohl die katholische als auch die anglikanische Kirche gegen die von der Regierung David Cameron geplante Gesetzesänderung zur Einführung der Homoehe. Der Erzbischof von Birmingham, Bernard Longley, sagte nach Angaben der Zeitung „Sunday Telegraph“, die Regierung könne die Auswirkungen, die eine entsprechende Gesetzesänderung auf Kinder haben könne, nicht voraussagen. Die Politik sei nicht in der Lage abzusehen, was es für Kinder und für die gesamte Gesellschaft bedeute, von zwei Müttern ohne den Einfluss eines Vaters oder von zwei Vätern ohne den Einfluss einer Mutter erzogen zu werden.

Kein Unterschied in der Entwicklung

Dazu sagte der Theologe, Psychotherapeut und Leiter der PartnerInnen-, Familien- und Sexualberatungsstelle COURAGE, Johannes Wahala, dass alle - mittlerweile weltweit durchgeführten Studien - zu dem Ergebnis kämen, dass sich Kinder aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gleich entwickeln wie Kinder aus heterosexuellen Beziehungen. Das bedeute: gleich im sozialen Verhalten, im emotionalen und was die Intelligenz betreffe. „Kinder aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sind also genauso gesund oder krank wie andere, weil es darauf ankommt, welche Atmosphäre zu Hause herrscht“, so Wahala im Gespräch mit religion.ORF.at

Dort wo die Dynamik nicht wohlwollend dem Kind gegenüber sei, habe es negative Folgen für das Kind. Auch die Sorge, Kinder mit lesbischen oder schwulen Eltern würden ebenfalls zu homosexuellen Beziehungen tendieren, sei unbegründet, so der Therapeut. „Alle Studien zeigen, dass Kinder sich ihre Bezugspersonen auch außerhalb der Kernfamilie suchen - aus ihrem näheren Umfeld.“ Wahalas Erfahrung nach sorgen viele homosexuelle Paare dafür, dass ihre Kinder genug andersgeschlechtliche Vorbilder haben.

Lediglich in zwei Punkten würden sich die Kinder gleichgeschlechtlicher Paare abweichend von denen aus traditionellen Mutter-Vater-Kind-Familien entwickeln: erstens würden sie eine höhere Sensibilität für Diskriminierungen aufweisen, zweitens strebten sie später in ihren eigenen Partnerschaften gleichberechtigtere Beziehungen an, als diese bei vielen heterosexuellen Paaren der Fall sei, so Wahala.

Verschiedene Modelle weltweit

Bisher gilt auch in England, dass Homosexuellen seit 2005 in Form der „bürgerlichen Partnerschaft“ dieselben Rechte bei Adoption, Erbschaft, Arbeit und Pension wie verheirateten Heterosexuellen zugestanden werden. Einige Länder in Europa sind bei der Gleichstellung von Homosexuellen schon weiter als Frankreich, das Thema sorgt aber fast überall für Zündstoff. Als weltweit erstes Land gestanden die Niederlande 2001 die standesamtliche Ehe auch Homosexuellen zu, mit denselben Rechten und Pflichten wie für Heterosexuelle, darunter auch das Recht auf Adoption.

Zwei schwule Männer händchenhaltend

dpa/Michael Reichel

Zwei schwule Männer beim Strassenfest zum Christopher Street Day in Thüringen

In Österreich ist es homosexuellen Paaren seit Anfang 2010 möglich, ihre Partnerschaft bei der Bezirkshauptmannschaft bzw. am Magistrat eintragen zu lassen. Diese Möglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare, offiziell ihre Partnerschaft zu beurkunden, wurde im Jahr 2012 183 Mal genutzt. Davon waren 115 Paare männlich und 68 Paare weiblich. Argentinien ist das erste Land Lateinamerikas, das die Ehe oder Partnerschaft für Homosexuelle im Juli 2010 einführte. In den USA und in Mexiko ist dies nur in Teilen der beiden Staaten möglich.

religion.ORF.at/KAP/APA

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