Internet unser: Die Kirchen und der Cyberspace

Das Internet macht vor den christlichen Kirchen nicht halt. Kleine, manchmal durchaus kuriose Beispiele zeigen, dass das World Wide Web auch aus dem kirchlichen Leben nicht mehr wegzudenken ist.

Der Herr sei mit dir – und mit dem Internet. Die Möglichkeiten der virtuellen Weiten mögen vielleicht nicht ewig und unendlich wie Gott sein. Ein gehöriges Potenzial schlummert dennoch im World Wide Web und der mobilen Kommunikation. Das erkennen auch immer mehr christliche Kirchen und Gemeinschaften und greifen verstärkt auf die digitale Vernetzung zurück.

Der - seit 17. Jänner sogar auf Latein - twitternde Papst hat innerhalb von einem Monat auf seinen verschiedenen Accounts bereits mehr als zwei Millionen Follower versammelt. Auf Facebook ist „Jesus Daily“ mit fast 14 Millionen „Gefällt mir“-Angaben eine der beliebtesten Seiten. Doch auch kleine und durchaus kuriose Beispiele erzählen von den Wegen, die die Kirchen im Internet beschreiten.

Per Onlinebuchung in den Gottesdienst

In Singapur musste sich etwa die charismatische New Creation Church (NCC) ob des Ansturms von Gläubigen zu den Gottesdiensten etwas einfallen lassen. Die Lösung lautet „Noah“ und ist ein Onlinebuchungssystem. Wer den Gottesdienst besuchen will, muss seit Anfang des Jahres per Internet einen Platz reservieren – für die NCC-Mitglieder offensichtlich keine wirkliche Hürde. Das Buchungssystem sei bei seinem ersten Einsatz unter dem Besucheransturm gleich einmal zusammengebrochen, so NCC-Sprecher, Diakon Mathew Kang, zur dpa.

Konzerthalle/Kirche "The Star"

New Creation Church

Konzerthalle und Kirche in einem. 5.000 Gläubige fasst der „The Star“ genannte Saal in Sigapur

Nicht nur das Buchungssystem der NCC erinnert an den Ticketverkauf bei Rockkonzerten. Seit ein paar Monaten hält die NCC ihre Gottesdienste in ihrem neuen Kirchenbau, genannt „The Star“ ab. Mit ihrer Bühne samt Licht- und Tonanlage und ihren Tribünen erinnert die in einem Einkaufszentrum integrierte Halle eher an einen Konzertsaal als an eine Kirche. 5.000 der nach Angaben der Kirche 25.000 Mitglieder finden darin Platz. Im Gegensatz zu den meisten Rockkonzerten sind die Gottesdienst-Karten allerdings gratis.

Ein SMS für den Himmel

Während man sich in Singapur des Internets bedient, um die beinahe zu großen Mengen an Gläubigen zu handhaben, schaut es auf der anderen Seite des Globus anders aus. „Sende deinen Gebetswunsch an einen Franziskaner“, heißt die Kampagne, mit der die New Yorker „Holy Name Province“ der Franziskaner auch Menschen außerhalb der Kerngemeinden ansprechen möchte. Wer will, dass sich eines der 300 Mitglieder der Ordensprovinz des eigenen Gebetsanliegens annimmt, sendet an die Franziskaner eine SMS mit dem Wort „prayer“. Im Anschluss daran kann dann der Gebetswunsch geschickt werden. Die Mönche sammeln die Anliegen auf einer Homepage und nehmen sie in ihre täglichen Gebete auf.

Mönche mit Mobiltelefon

CNS/Octavio Duran

Der Papst twittert. Die Franziskaner in New York nützen SMS.

Die amerikanischen Ordensbrüder haben mit ihrem Anfang Jänner gestarteten Service nicht nur New York oder die USA im Blick. „ Wir hoffen Menschen auf der ganzen Welt zu erreichen“, so der Entwicklungsdirektor der „Holy Name Province“ David Convertino in einer Aussendung. „Wenn der Papst twittern kann, dann können Mönche SMS benutzen“, so Convertino.

Internet-Heiliger noch offen

Ob sich Kardinal Christoph Schönborn Ähnliches dachte, als er Mitte September des letzten Jahres seine Videoplattform „Frag den Kardinal“ startete? Bereits zwei Monate vor dem ersten Tweet des Papstes eröffnete die Erzdiözese Wien die Möglichkeit, dem Kardinal Fragen als Videobotschaften zu schicken. Bis jetzt hat Schönborn auf zwölf solcher Anfragen ebenfalls per Video geantwortet - mehr dazu in Kardinal im Web 2.0 (religion.ORF.at; 06.09.2012)

Auf einen offiziellen Heiligen, der sie bei ihren Ausflügen in die Weiten des Internets beschützt, müssen Katholiken aber noch warten. Bereits um die Jahrtausendwende war Isidor von Sevilla als Patron des jungen Kommunikationsmediums im Gespräch gewesen. Während mit Klara von Assisi und Johanna von Orleans die Zuständigkeiten für Fernsehen und Radio klar vergeben sind, muss das Internet aber auch noch über 40 Jahre nach seiner „Erfindung“ auf einen Schutzpatron warten.

Martin Steinmüller, religion.ORF.at