Vatikan setzt Piusbrüdern Ultimatum
In einem Schreiben an den Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX), Bischof Bernard Fellay, bittet Erzbischof Joseph Augustine Di Noia von der Vatikan-Kommission „Ecclesia Dei“ den FSSPX-Verantwortlichen um eine Antwort auf die vom Vatikan vorgelegten Einigungsdokumente.
Lehrmeinung der römisch-katholischen Kirche akzeptieren
Die Lefebvrianer werden in dem achtseitigen Schreiben, über das am Wochenende in Rom Details bekannt wurden, aufgefordert, die gesamte Lehrmeinung der katholischen Kirche einschließlich des Zweiten Vatikanischen Konzils zu akzeptieren. Zudem müssten sie die Gültigkeit und Legitimität der katholischen Liturgie anerkennen.
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Im Fall einer Einigung könne die Priesterbruderschaft als eigene Personalprälatur eine Zukunft innerhalb der katholischen Kirche finden, so die Position des Vatikan. Über einen Fristtermin wurde bislang nichts bekannt, er solle jedoch in nächster Zukunft liegen, hieß es in römischen Kirchenkreisen.
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Papst Benedikt XVI. hatte in seinem Bemühen um eine Beendigung der Kirchenspaltung im Jänner 2009 die Exkommunikation gegen die vier Bischöfe zurückgezogen, die Erzbischof Marcel Lefebvre 1988 ohne römische Genehmigung geweiht hatte. Die Geste löste heftige Reaktionen aus, da sich unter den Vieren auch der Holocaustleugner Richard Williamson befand - mehr dazu in Holocaust-Leugner Williamson zu Geldstrafe verurteilt. Die Kontroverse führte schließlich zu einem neuen Sachdialog zwischen Experten des Vatikan und der Priesterbruderschaft.
Bedenkzeit zu Ende
Am Ende dieser Gespräche legte der Vatikan den Piusbrüdern im September 2011 eine „Präambel“ zur Unterschrift vor, die eine Verpflichtung auf das vollständige kirchliche Lehramt enthält. Nach einer Antwort Fellays im April 2012 kam es im Juni in Rom zu einer Aussprache zwischen diesem und Kardinal William Levada, dem Präfekten der Glaubenskongregation. Dabei übergab der Kardinal seinem Gast eine schriftliche Bewertung seiner Antwort mit der Bitte, noch offene Fragen zu klären.
Im Herbst räumte die Glaubenskongregation unter dem neuen Präfekten Erzbischof Gerhard Ludwig Müller den Piusbrüdern erneut eine Bedenkzeit ein. Mit seinem jetzigen ausführlichen Schreiben setzt Di Noia nun eine Frist für eine Antwort. Von dieser hänge ab, ob es zu einer Kircheneinigung oder definitiv zu einem Schisma komme, heißt es in Rom.
Traditionalistische Einstellungen
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. - lat. Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X. (FSSPX) wurde 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet. Die Mitglieder der traditionalistischen Gemeinschaft wenden sich gegen die römisch katholische Kirche, weil sie der Ansicht sind, dass diese zu modernistisch sei. Ihr Ziel ist die Wiederherstellung der römischen Kirche wie sie immer war - also so wie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965. Das bedeutet, sie halten ihre Gottesdienste in Latein ab und lehnen auch andere Reformen und Beschlüsse des Konzils ab.
Das Bekenntnis der Kirche zur Religionsfreiheit etwa, sowie die Öffnung zur Ökumene und die Anerkennung des Judentums - und anderer Religionen als Heilsweg tragen die Piusbrüder nicht mit. Sie lehnen die Gleichberechtigung von Frauen ab, ebenso Homosexualität und sie treten immer wieder öffentlich antisemitisch und islamfeindlich auf. Seit 1975 hat die Piusbruderschaft keinen kanonischen Status mehr in der römisch-katholischen Kirche.
religion.ORF.at/KAP