Missbrauch: Opfer müssen Einsicht in ihre Daten erhalten

Ein Missbrauchsopfer hat von der Datenschutzkommission der Republik in einem Verfahren gegen die römisch-katholische Kirche recht bekommen. Die kirchliche Datenschutzkommission hatte Auskünfte verweigert.

Der Mann, der von der „Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft“ („Klasnic-Kommission“) entschädigt worden war, hatte Auskunft über seine gespeicherten Daten verlangt und wurde daraufhin von der kirchlichen Datenschutzkommission kontaktiert. Diese verweigerte allerdings die Auskunft und verwies wiederum zurück an die Opferschutzanwaltschaft.

Keine Auskunft über Inhalte

Der Beschwerdeführer hatte ein „Datenleck“ vermutet, da er sich an die Opferschutzanwaltschaft sowie an die kirchliche Stiftung Opferschutz (die für die Entschädigungen aufkommt) gewandt hatte, die Antwort jedoch von der kirchlichen Datenschutzkommission kam. Dort hatte man festgehalten, dass man lediglich die Existenz von „Datenarten“ beauskunfte und über keine Inhalte verfüge.

Opferschutzanwaltschaft und Stiftung hätten sich an die Kommission gewendet, wie mit solchen Auskunftsbegehren umzugehen sei, so die Begründung für die Kontaktaufnahme. Die Bestimmungen der katholischen Kirche sähen vor, dass in „Zweifelsfragen“ die Auskunftserteilung der Datenschutzkommission obliege, hatte es geheißen. Allerdings habe die Kommission keinerlei Informationen über den Inhalt von Daten, sondern nur über die Datenarten selbst.

Betroffene: „Klasnic-Kommission nicht unabhängig“

Die Datenschutzkommission der Republik stellte nun fest, dass die Opfer Auskunft über ihre eigenen Daten, und das was erhoben wurde, erhalten müssen. Die Kirche habe den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Auskunft über eigene Daten verletzt. Die Kirche lege das Gesetz insoweit falsch aus, „als sie geltend macht, sie wäre nur verpflichtet, einem Auskunftswerber die über ihn grundsätzlich zur Verarbeitung vorgesehenen Datenarten offenzulegen und ihn sonst wiederum an die verantwortliche Stelle in der weitverzweigten Organisation der Beschwerdegegnerin zu verweisen, die die Daten sinngemäß freizugeben habe“.

Für die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt und Heinrich Vana, der Rechtsanwalt der den Beschwerdeführer vor der Datenschutzkommission vertreten hatte, bedeutet der Spruch auch, dass die Opferschutzanwaltschaft ein Teil der Erzdiözese Wien ist und damit nicht unabhängig. Sie fordern die sofortige Löschung der Opferdaten. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser ortet einen „Interessenskonflikt“: „Mit der Feststellung, dass die Klassnic-Kommission ein organisatorischer Teil der Erzdiözese Wien ist, wird die Notwendigkeit einer unabhängigen Kommission zur Aufklärung von sexueller Gewalt in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen aufgezeigt.“

Unklar, was mit Daten geschieht

Eine Entscheidung darüber, was nach Ende der Klasnic-Kommission mit den dort erhobenen Daten passiert, ist nach Angaben des Medienverantwortlichen der Bischofskonferenz, Paul Wuthe, noch nicht gefallen. Klar sei jedenfalls, dass die Opferschutzkommission nur jene Daten an die Kirche weitergebe, „die unbedingt erforderlich sind, um einem Opfer konkret zu helfen“. Dies seien Name, Anschrift und Angaben darüber, was wann und wo passiert sei.

Wie der Sprecher der Opferschutzanwaltschaft, Herwig Hösele, festhielt, würden Anwaltschaft und Kommission völlig unabhängig arbeiten, unter anderem da dies auch eine der Grundbedingungen der hier ehrenamtlich tätigen Persönlichkeiten gewesen sei, um ihre Arbeit überhaupt aufzunehmen. „Seitens der kirchlichen Stellen wurde seit Beginn 2010 niemals Einfluss genommen und es wurde jede Entscheidung der Kommission akzeptiert und umgesetzt“, so Hösele.

„Kein Datenleck“

Wuthe weist indes sämtliche Vorwürfe zurück, denen zufolge die Kirche nicht korrekt mit persönlichen Daten von Missbrauchsopfern umgehen würde. „Es gibt kein Datenleck, aufgrund dessen hochsensible Personenangaben im kirchlichen Raum kursieren könnten“, so Wuthe am Samstag in einer Stellungnahme gegenüber der Austria Presseagentur (APA).

„Die unabhängige Opferschutzkommission wurde datenschutzrechtlich innerhalb der katholischen Kirche registriert, um überhaupt Opferdaten aufnehmen zu können“, stellte Wuthe klar. Diese Vorgangsweise sei korrekt, im Sinne des Datenschutzgesetzes und mit der Datenschutzkommission des Bundeskanzleramtes abgeklärt. Unbestritten sei, dass Auskunftsberechtigte sich an die kirchliche Datenschutzkommission oder an die Klasnic-Opferschutzkommission wenden können.

Im Interesse der Betroffenen

Bestmöglicher Datenschutz gehöre seit Beginn zu den Hauptanliegen der Klasnic-Kommission, so Hösele. Sie gebe an die kirchliche Stiftung Opferschutz allein die Anschrift des Opfers sowie Art, Zeitpunkt und Ort des Vergehens weiter, „nur jene Daten, die unbedingt notwendig sind, um den Betroffenen konkret zu helfen - sei es durch finanzielle oder therapeutische Hilfeleistung - und um allfällig notwendige innerkirchliche Konsequenzen zu ziehen“, so Hösele. Die Stiftung Opferschutz setze dann die entsprechenden Maßnahmen. Keinesfalls würden dabei jedoch sensible persönliche Daten oder Berichte weitergegeben.

Bisher seien auf diese Weise insgesamt rund 1.000 Meldungen mit Entscheidungen bearbeitet worden. Für viele Opfern seien dies nach Jahrzehnten teilweise unsagbar schweren Leides Gesten und Zeichen des Opferschutzes und der Hilfe gewesen, die am Rechtsweg - „der natürlich jedem offensteht“, wie Hösele betonte - so nicht erreichbar wären. Die Anwaltschaft werde ihre Arbeit „unbeirrt“ fortsetzen.

KAP/APA

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