Kardinal Scola: Der Italien-Favorit

Kardinal Angelo Scola regiert in Mailand über die größte Diözese Europas. Er gilt als brillanter Theologe und versierter Islam-Kenner. Unter den italienischen Kardinälen werden ihm die besten Chancen zugesprochen.

Scola, Erzbischof von Mailand und offenbar Speerspitze der mächtigen Italien-Fraktion im Konklave, gilt als einer der heißesten Kandidaten auf den Stuhl Petri. Er hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vor allem im Dialog mit dem Islam einen Namen gemacht, aber auch als brillanter konservativer Theologe.

Die aussichtsreichsten Kandidaten

religion.ORF.at stellt von 6. bis 11. März in loser Reihenfolge die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Papst Benedikt XVI. vor.

Der 1941 geborene Scola wurde 1970 zum Priester geweiht. Er studierte Philosophie an der katholischen Universität in Mailand und Theologie in Fribourg (Schweiz) und unterrichtete seit 1982 Theologische Anthropologie an der Lateran-Universität. Im Jahr 1991 empfing er die Bischofsweihe. Sieben Jahre lang - von 1995 bis 2002 er die Lateran-Universität und das Päpstliche Institut für Ehe-und Familienstudien.

2002 wurde Scola schließlich zum Patriarchen von Venedig ernannt, im Oktober 2003 erhob ihn Johannes Paul II. zum Kardinal. Benedikt XVI. berief ihn schließlich 2011 auf den wichtigen Mailänder Bischofssitz und damit in die mit etwa fünf Millionen Katholiken größte Diözese Europas.

Kardinal Angelo Scola, Erzbischof von Mailand

Reuters/Max Rossi

Kardinal Angelo Scola

Die wichtigen Ämter in Venedig und Mailand sind wohl mitverantwortlich dafür, dass Scolas Name derzeit auf keiner Liste der aussichtsreichsten Papst-Kandidaten fehlt. Mehrere Päpste des 20. Jahrhunderts waren vor ihrer Wahl zum Papst für eine dieser beiden Diözesen verantwortlich: Pius X. (1903-14), Johannes XXIII. (1958-63) und Johannes Paul I. (1978) waren Patriarchen von Venedig, Pius XI. (1922-39) und Paul VI. (1963-78) wurden als Erzbischöfe von Mailand ins Papstamt gewählt.

Vertrauter Benedikts

Scola gilt als aufgeschlossen und dialogoffen, von seinen Kritikern wird er jedoch als zu wenig charismatisch eingeschätzt. Er ist außerdem ein Vertrauter Benedikts XVI., was von jenen Kardinälen als Nachteil betrachtet wird, die nach den Skandalen der vergangenen Jahren auf einen tiefgreifenden Wandel in der Kurie drängen. Entscheidend beteiligt gewesen sein soll Scola an der Einrichtung des „Päpstlichen Rats zur Förderung der Neuevangelisierung“ im Jahr 2010, die einige Experten als eine der größten Errungenschaften des Pontifikats Benedikts XVI. sehen. Scola selbst ist Mitglied der neuen Einrichtung, seit diese ihre Arbeit aufnahm.

Besondere Verdienste erwarb Scola im Dialog mit dem Islam. Die „Oasis Foundation“, eine internationale Organisation zur Förderung des Dialogs zwischen Christentum und Islam, geht auf seine Initiative zurück. Immer wieder äußerte sich Scola auch öffentlich im Zusammenhang mit dem interreligiösen Dialog, etwa zur Dikussion in Europa über das islamische Kopftuch oder den „Arabischen Frühling“. Theologisch gilt Scola als ein brillanter Denker, seine Publikationen behandeln hauptsächlich die Themenbereiche Ehe und Familie sowie bioethische Fragen.

religion.ORF.at/KAP

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