Kirchliche Organisationen für Grundeinkommen

Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für alle Mitglieder einer Gesellschaft wird zu einem EU-weiten Anliegen. Zahlreiche kirchliche Institutionen und Kirchenvertreter beteiligen sich an einer EU-Kampagne.

Am 16. März erfolgt der Startschuss zur wesentlich von Österreich aus getragenen Europäischen Bürgerinitiative mit einer Auftaktveranstaltung im „21er Haus“ in Wien, zu der auch viele kirchliche Sympathisanten ihr Kommen zugesagt haben. An der Kampagne der europäischen Bürgerinitiative zum bedingungslosen Grundeinkommen beteiligen sich die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) und die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe).

Sympathien für ein Weiterdenken in diese Richtung zeigen auch zahlreiche Einzelpersonen. Ihr Kommen zur Auftaktveranstaltung der Europäischen Bürgerinitiative am Samstag haben unter anderem der Redemptoristen-Provinzial P. Lorenz Voith, der Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki, die Grundeinkommens-Vordenkerin Lieselotte Wohlgenannt sowie Vertreter der Katholischen Jugend und der Plattform „Wir sind Kirche“ zugesagt.

Politische Umsetzbarkeit aufzeigen

Zehn Monate lang - bis 14. Jänner 2014 - sammeln die Organisatoren nun Unterschriften mit dem Ziel, das bedingungslose Grundeinkommen auf europäischer Ebene breit zu diskutieren und dessen politische Umsetzbarkeit aufzuzeigen. Langfristiges Ziel sei es, allen EU-Bürgern „die Befriedigung ihrer materiellen Bedürfnisse zur Führung eines würdevollen Lebens“ zu ermöglichen, so Mit-Initiator Klaus Sambor bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Am Podium argumentierten auch Walter Rijs, Vertreter der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und Johanna Riegler vom „Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt“ für eine radikale Umstellung des Sozialwesens durch ein BGE. Armut „macht krank“, grenze aus und nehme den Menschen ihre Würde, betonte Rijs „als Bürger, Christ und Gewerkschafter“. Frei mache nicht der sogenannte freie Markt, sondern vielmehr die Wahl zwischen Berufsarbeit und anderer Tätigkeit, die den eigenen Talenten und Vorlieben entspreche.

Verteilungsgerechtigkeit schaffen

Die Bürgerinitiative

für ein bedingungsloses Grundeinkommen im Internet(www.pro-grundeinkommen.at).

Für unattraktive Arbeiten müssten sich Arbeitgeber dann besondere Anreize hinsichtlich Bezahlung oder Zeit überlegen. Pflegeberufe etwa würden derzeit „beschämend entlohnt“, das würde sich bei einem BGE wohl ändern müssen.

Die heutige Arbeitsgesellschaft gerate in die Sackgasse, weil ihr die bezahlte und existenzsichernde Arbeit immer mehr „ausgeht“, sagte die Anthropologin Johanna Riegler. Politische Parolen zur Vollbeschäftigung würden angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen „sinnlos“, es brauche eine Politik jenseits des Arbeitsparadigmas. Verteilungsgerechtigkeit solle eine existenzielle Basis für alle Mitglieder einer Gesellschaft schaffen, forderte Riegler.

Erfolgreiches Pilotprojekt in Namibia

Dass so etwas funktionieren kann, zeigen Modelle wie etwa das Dorf Otjivero, das 2009 Standort eines Pilotprojekts für ein Bedingungsloses Grundeinkommen in Namibia war. Jede Person unterhalb des Rentenalters von 60 Jahren erhielt dabei auf Betreiben von Arbeiterorganisationen und kirchlichen Organisationen 100 Namibia-Dollar pro Monat. Die Evaluierung ergab laut Bürgerinitiative-Organisator Klaus Sambor eine Abnahme der Kriminalität und der Unterernährung von Kindern, dafür mehr Schulbesuch. Die Regierung Namibias habe sich leider bisher nicht entschließen können, dieses fremdfinanzierte Projekt zu übernehmen.

Auch das aufstrebende Wirtschaftsland Brasilien bekenne sich in seiner Verfassung zum Grundeinkommen, dessen Finanzierung freilich noch ungeklärt sei, wie Sambor einräumte. Erfahrungen mit BGE-Modellen gebe es weiters in Alaska und in Indien.

Am Geld würde das BGE nicht scheitern, ist Sambor überzeugt. Allein für die Verwaltung der in vieler Hinsicht schwächelnden Mindestsicherung in Österreich müssten Millionen aufgewendet werden. Beim BGE würde „eine Geburts- und eine Sterbeurkunde als Bürokratieaufwand reichen“. Und das Produktionsniveau zumindest in westlichen Industriestaaten sei inzwischen so hoch, dass mit einer radikalen Arbeitszeitverkürzung auf 25 Wochenstunden auch bei BGE-Einführung das Auslangen zu finden wäre.

KAP

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