Kirchliche Reformbewegungen gegen Volksbegehren

Die katholischen Reformbewegungen „Wir sind Kirche“ und „Die Laieninitiative“ haben sich am Montag deutlich gegen das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien ausgesprochen.

Die Kirchenreformbewegungen „Wir sind Kirche“ und „Die Laieninitiative“ distanzieren sich vom Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien und raten von einer Unterstützung ab. Das am 15. April beginnende Volksbegehren sei ein Versuch, die katholische Kirche, aber auch andere Religionsgemeinschaften aus der Öffentlichkeit zu verdrängen, während die beiden Reformbewegungen im Gegenteil darauf abzielten, „die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Kirche zu stärken“, wie es am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien hieß.

„Undifferenzierte“ Argumente

Die von den Initiatoren des Volksbegehrens vorgebrachten Argumente seien „undifferenziert“, „oft irreführend oder sogar falsch“. Schon der Ausdruck „Privilegien“ impliziere Zuwendungen ohne Gegenleistung - was so nicht stimme, waren sich Margit Hauft, Vorsitzende der „Laieninitiative“, und Hans Peter Hurka, Vorsitzender der Plattform „Wir sind Kirche“, einig.

Hurka wies darauf hin, dass ein Großteil der von den Initiatoren des Volksbegehrens behaupteten 3,8 Milliarden Euro, die die Kirche auf Kosten der Steuerzahlenden angeblich lukriere, vom Staat für „outgesourcte Leistungen“ ausgegeben würden. Den Kirche würden Leistungen in Bereichen wie Bildung, Spitalswesen oder Denkmalschutz abgegolten, die auch Nichtkatholiken zugutekämen, argumentierte Hurka. Auch die Absetzbarkeit von Spenden oder des Kirchenbeitrags nütze nicht in erster Linie „der Kirche“, sondern jenen, die Beiträge leisteten bzw. auf Spenden angewiesen seien.

Hauft verteidigt ORF-Religionsberichterstattung

Margit Hauft betonte, dass auch ein religionsneutraler Staat jene gesellschaftlichen Kräfte unterstützen müsse, die der Allgemeinheit zugutekämen. „Dazu gehören auch Religionen.“ Deren Leistungen nicht zu unterstützen, käme den Staat „sehr viel teurer“, ist Hauft überzeugt.

Die nach wie vor als Vertreterin Oberösterreichs im ORF-Stiftungsrat engagierte Katholikin stellte auch in Abrede, dass die umfassende Berichterstattung des ORF über Kirchen und Religionen nicht deren „Privileg“, sondern gesetzlich verankerte Pflicht sei: Religionsgemeinschaften seien entsprechend ihrer Verbreitung im Programm zu berücksichtigen.

Der Moderator der Pressekonferenz, Peter Pawlowsky - selbst Mitglied der „Laieninitiative“ - warf den Betreibern des Volksbegehrens Teilblindheit vor: Es werde übersehen, dass angebliche Privilegien der katholischen Kirche auch alle anderen anerkannten Religionsgemeinschaften beträfen. Die geforderten Gesetzesänderungen würden „das gewachsene und bewährte österreichische Religionsrecht völlig aushebeln“.

100.000 Unterstützer wären „erstaunlich“

Die Plattform „Wir sind Kirche“ führte 1995 in Österreich innerhalb der Kirche eine Unterschriftenaktion unter der Bezeichnung „Kirchenvolks-Begehren“ durch, das zwar kein „echtes“ Volksbegehren war, aber dennoch von mehr als einer halbe Million Österreicherinnen und Österreicher unterschrieben wurde.

Diese Zahl wird vom Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien bei weitem nicht erreicht werden, so die Einschätzung von Hans Peter Hurka und Margit Hauft. Damit das Anliegen der Initiatoren im Parlament behandelt wird, müssten 100.000 Menschen unterschreiben. Sollte diese Zahl erreicht werden, würde Hurka von einem „Erfolg“ der Proponenten sprechen, für Hauft wären 100.000 Unterstützerinnen und Unterstützer „erstaunlich“.

Zum Vergleich: Die beiden zuletzt in Österreich durchgeführten Volksbegehren „RAUS aus EURATOM“ (Winter 2011) und Bildungsinitiative (November 2011) unterzeichneten 98.698 bzw. 383.724 Wahlberechtigte.

KAP

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