Kremsmünster: Stift will umfassende Aufklärung

Das Stift Kremsmünster hat sich deutlich für eine umfassende Aufklärung der Missbrauchsfälle aus den 1970er bis 1990er Jahren ausgesprochen, die jetzt zu einer Anklage gegen einen früheren Ordensangehörigen geführt haben.

Dem nun 79-jährigen ehemaligen Internatsleiter des Stifts wirft die Staatsanwaltschaft Steyr schweren sexuellen Missbrauch, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses sowie verbotenen Waffenbesitz vor. Bereits im April hat Stiftssprecher Bernhard Eckerstorfer gegenüber der katholischen Nachrichtenagentur „Kathpress“ bekanntgegeben, dass das Stift voll hinter der Aufklärung stehe.

Eckerstorfer räumte Versäumnisse beim Verfolgen von Hinweisen ein, stellte aber zugleich eine Mitwisserschaft oder Vertuschung seitens der Stiftsleitung in Abrede. Das Stift Kremsmünster habe im Jänner 2013 - nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen - eine wissenschaftliche Aufarbeitung durch das renommierte Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (das auch mit den Missbrauchsfällen in der deutschen Benediktinerabtei Ettal betraut war) in Auftrag gegeben, bei der auch Opfer eingebunden würden. Zudem seien „sofort personelle Konsequenzen gezogen“ worden.

Zögerliche Konsequenzen

In vergangenen Zeiten sei es „zu körperlichem, psychischem und sexuellem Missbrauch in erschreckendem Maße gekommen“, teilte Eckerstorfer mit. „Das ist unentschuldbar und von Abt Ambros schon mehrfach beim Namen genannt worden.“

Bereits vor der Wiederaufnahme der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft im Jahr 2010 habe es Anzeichen für Missbrauch gegeben, die „aber nicht verfolgt und benannt wurden. Konsequenzen wurden nur zögerlich gezogen“, so der Stiftssprecher im Rückblick. „Wir gewannen seit Bekanntwerden der wahren Dimensionen des Missbrauchs in Kremsmünster vor zwei Jahren den Eindruck, dass man vielfach nicht wahrhaben wollte, was es nicht geben durfte. Das stellen wir ebenso beschämt fest wie das große Leid, das früher in Erziehungseinrichtungen des Stiftes Kremsmünster Schülern angetan wurde.“

Untersuchung verheimlicht

Man sei dem Vorwurf nachgegangen, die damalige Stiftsleitung hätte den Angeklagten 1995 wegen bekanntgewordenen sexuellen Missbräuchen aus dem Konvikt abberufen - und damit schon früh von den Übergriffen gewusst. Dazu habe man in den Protokollen und bei Befragungen damaliger Verantwortungsträger keine Information gefunden. Der Angeklagte habe Abt Ambros und dem Kloster eine 2008 gegen ihn durchgeführte strafrechtliche Untersuchung (die dann eingestellt wurde) verheimlicht; erst 2010 habe er dies gegenüber dem Abt auf Nachfragen zugegeben, so Eckerstorfer.

In diesem Jahr ersuchte der Angeklagte auch um Entbindung von den Ordensgelübden und wollte die Benediktinergemeinschaft auf eigenen Wunsch verlassen. Die Vatikanische Glaubenskongregation habe darauf „sehr schnell reagiert“ und dem Antrag des von Ex-Zöglingen Beschuldigten auf Ordensaustritt stattgegeben.

Bezüglich der beiden anderen Patres, denen sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde und deren staatliche Verfahren aufgrund von Verjährung oder strafrechtlicher Irrelevanz eingestellt wurden, habe der Vatikan ebenfalls reagiert, so Eckerstorfer weiter: Pater Benedikt wurde ein Dekret mit verschiedenen Auflagen ausgestellt; er lebt zurückgezogen in der klösterlichen Krankenstation. Gegen Pater Petrus, dem Übergriffe um das Jahr 2000 vorgeworfen werden, wurde vom Vatikan ein kirchenrechtliches Verfahren angeordnet und bereits aufgenommen. Das Kloster zog ihn laut Eckerstorfer 2005 aus dem Schuldienst ab.

Abt: „Aufklärung ist uns sehr wichtig“

In den „Oberösterreichischen Nachrichten“ wurde der Kremsmünsterer Abt Ambos Ebhart zur Klage gegen den ehemaligen Konviktsdirektor im April mit dem Satz zitiert: „Wir begrüßen es, dass es zur Anklage kommt.“ Eine umfassende Aufklärung „ist uns sehr wichtig.“

Auch der jetzige Direktor des Stiftsgymnasiums Kremsmünster, Wolfgang Leberbauer, nannte die Anklage gegen den früheren Erzieher und Internatsleiter „zu erwarten und richtig“. Es sei „gut, wenn man abschließen kann“. Zugleich betonte Leberbauer, das „System in der Schule“ sei jetzt schon lange ein anderes. „Es hat sich sehr, sehr viel geändert.“

KAP, religion.ORF.at

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