Studie: Mehrheit der Muslime weltweit für Scharia

Mehr als die Hälfte der Muslime weltweit sind laut einer neuen Studie des US-amerikanischen „Pew Research Center“ für die Anwendung des Scharia-Rechts in ihrem Heimatland.

Die Umfrage zeigt erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, erklärten die Verantwortlichen des „Pew Research Center“ am Dienstag bei der Vorstellung der Studie. So bejahten etwa 99 Prozent der Befragten in Afghanistan die Anwendung der Scharia, während es in der früheren Sowjetrepublik Aserbaidschan nur acht Prozent waren.

Im Zuge der Studie unter dem Titel „The World’s Muslims: Religion, Politics and Society“ wurden zwischen 2008 und 2012 38.000 Face-to-Face-Interviews in 39 mehrheitlich muslimischen Ländern in Europa, Asien, dem Mittleren Osten und Afrika durchgeführt.

Verschwommene Silhouette eines betenden Muslims auf einem prunkvollen Teppichboden

REUTERS/Damir Sagolj

Viele Muslime sind für die Anwendung der Scharia - allerdings oft nur in bestimmten Bereichen

Was ist die Scharia?

„Scharia“ (wörtlich: Weg zur Wasserquelle, übertragen: religiöses Gesetz) bezeichnet das islamische Rechtssystem, das die Beziehung zu Gott und der Menschen untereinander regelt. Die Scharia basiert in erster Linie auf dem Koran und der „Sunna“ (Brauch, überlieferte Norm).

Die Scharia ist keine Gesetzessammlung im Sinne eines Kodex für gesetzliche Normen, sondern ein Rahmen für die Rechtsschöpfung durch Rechtsgelehrte. Sie ist ein komplexes Rechtssystem, das sich laufend weiterentwickelt.

Unterschiedliche Definitionen von „Scharia“

In Bezug auf die Frage, in welchen Bereichen die Scharia angewandt werden sollte, gehen die Meinungen der Befragten auseinander. Die Studie zeigt, dass vor allem in Ländern, in denen es bereits Scharia-Gerichte gibt, ihre Anwendung in Fragen des Familien- und des Grundrechts, nicht aber des Strafrechts gewünscht wird. Die Hinrichtung von Konvertiten und Körperstrafen wie Auspeitschen und Handabhacken wurde demnach in den meisten Ländern nur von einer Minderheit befürwortet, nur in Afghanistan und Pakistan gab es dafür breite Zustimmung.

Gleichzeitig zeigt die Studie, dass selbst in jenen Ländern, in denen die Scharia mehrheitlich gefordert wird, eine Mehrheit auch die Religionsfreiheit befürwortet. So sprachen sich etwa in Pakistan 96 Prozent für die freie Ausübung des Glaubens für Angehörige anderer Glaubensrichtungen aus.

Beunruhigung über religiösen Extremismus

Zumindest die Hälfte der Muslime in fast allen überprüften Ländern zeigte sich zudem beunruhigt über religiösen Extremismus. Die höchsten Werte wurden hier in Ägypten (67 Prozent), Tunesien (67), Irak (68), Guinea Bissau (72) und Indonesien (78) gemessen.

Gewalt im Namen des Islam wurde von den Befragten allerdigns weitgehend abgelehnt. In wenigen Ländern - Bangladesch (26 Prozent), Ägypten (29), Afghanistan (39) und in den palästinensischen Gebieten (40) - sagten allerdings beachtliche Minderheiten aus, dass Gewaltakte im Namen der Religion zumindest manchmal gerechtfertig seien

APA/AFP/religion.ORF.at

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