Entwicklungshilfe: Scharfe Kritik an Budget-Kürzung

Mit dem Beschluss des Bundesfinanzrahmengesetzes am Donnerstag wurde trotz Kritik von Entwicklungshilfe-Organisationen die Kürzung des EZA-Budgets besiegelt. Zuvor war im Parlament eine heftige Debatte entbrannt.

Die Nationalratsabgeordneten hätten mit ihrem „Ja“ zum Bundesfinanzrahmengesetz und damit verbundenen weiteren Kürzungen bei der staatlichen Entwicklungshilfe „gegen ihre Überzeugung gestimmt“: Zu dieser bitteren Diagnose kommt der Caritas-Generalsekretär für Internationale Programme, Christoph Schweifer. Auch Johanna Mang, Programmleiterin bei Licht für die Welt, zeigte sich erschüttert. „Wir sind empört über die menschenverachtende Politik der Bundesregierung, die den Willen des Volkes missachtet.“

Schweifer verwies nach der Abstimmung im Nationalrat am Donnerstag auf jene Gespräche, die die Entwicklungshilfe-NGOs heuer im Zuge der „Mir wurscht!“-Kampagne mit insgesamt 113 der insgesamt 183 Nationalratsabgeordneten führten. Eine satte Mehrheit – nämlich 106 Parlamentarier – hatte sich in diesen Gesprächen gegen ein Zusammenschrumpfen der Entwicklungshilfe gewandt. Etliche von ihnen votierten jedoch letztlich für die Regierungsvorlage, wie Schweifer gegenüber Kathpress bedauernd feststellte.

Aktivstinnen und Aktivisten demonstrieren vor dem Parlament in Wien gegen die Kürzung des EZA-Budgets

Globale Verantwortung

Am Dienstag protestierten die Initiatoren der „Mir wurscht!“-Kampagne vor dem Parlament gegen das Bundesfinanzrahmengesetz

Clubzwang vor Überzeugungen?

Das sei „demokratiepolitisch traurig“, weil es in Österreich „schlechte Tradition“ sei, eigene Überzeugungen dem Clubzwang im Parlament hintanzustellen. Und vor allem sei es für die vielen Notleidenden auf der Welt traurig, weil ihnen Österreich Entwicklungshilfe vorenthalte, so Schweifer.

Laut dem bis 2017 geltenden Finanzrahmen sind im kommenden Jahr nun um 30 Millionen Euro weniger für Entwicklungshilfe als noch 2010 vorgesehen. Das habe „für Hunderttausende Hunger und Not Leidende dramatische Folgen“, weiß der Caritas-Auslandshilfe-Chef.

Einen positiven Aspekt sieht Schweifer nach den heftigen Wortwechseln im Hohen Haus dennoch: Die Emotionalität der Debatten zeige, dass die „Wichtigkeit des Themas in den Köpfen und Herzen vieler Abgeordneter angekommen“ ist. Mittelfristig hoffe er, so Schweifer, auf eine Kehrtwende bei der nun schon seit Jahren beschämenden Unterdotierung der staatlichen EZA.

Auf europäischer Ebene sei Österreichs Rolle längst „peinlich“, meinte der Caritas-Verantwortliche. Jenseits von Europas Grenzen merke er immer wieder eine nach wie vor positive Erwartungshaltung gegenüber Österreich. Das Land könnte ein wesentlich stärker gestaltender Akteur sein, das werde von den derzeit verantwortlichen Politikern aber nicht wahrgenommen.

Noch am Dienstag hatte die Kampagne „Mir wurscht!“ an die Nationalratsabgeordneten appelliert, bei der Abstimmung über Regierungsvorlage zum Finanzrahmen „standhaft zu bleiben und nicht umzufallen“ – mehr dazu in Caritas: Regierung ignoriert bei EZA das Parlament.

Die Nationalratsabgeordneten Petra Bayr und Josef Cap (SP)

APA/Robert Jäger

Die SPÖ-Abgeordneten Petra Bayr und Josef Cap

Koalitionskonflikt im Nationalrat

Bei der Debatte im Nationalrat mussten sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP einerseits gegen Kritik vonseiten der Opposition wehren, andererseits entbrannte aber auch ein Konflikt zwischen den beiden Fraktionen, in dem es um die niedrige Dotierung der Entwicklungszusammenarbeit ging.

SPÖ-Mandatarin Petra Bayr nannte die Politik von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) in diesem Zusammenhang „ignorant, genant und verantwortungslos“, ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf warf der sozialdemokratischen Mandatarin daraufhin „billige Polemik“ und „Effekthascherei“ vor.

Basis des Konflikts ist ein seit einiger Zeit vorliegender Fünf-Parteien-Antrag des Parlaments, wonach die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit gesteigert werden sollten. Dies sieht der Finanzrahmen aber nicht vor, weshalb Bayr Spindelegger vorhielt, die christliche Nächstenliebe bei seinem Eintritt ins Außenministerium abgegeben zu haben. „Es war noch niemandem so egal, was mit der Entwicklungszusammenarbeit weitergeht, wie Spindelegger.“

ÖVP-Klubchef Kopf wollte das auf seinem Parteiobmann nicht sitzen lassen. Wie er ausführte, habe man der SPÖ angeboten, dass die 77 Millionen für die bilaterale Entwicklungshilfe auch im kommenden Jahr wieder zur Verfügung stünden und man sie in einem späteren Schritt wie vorgesehen weiter anheben werde. Bayr wisse das, sie solle sich daher schämen und nicht beginnen, einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen.

Fekter: Scharfe Kritik an österreichischen NGOs

Während SPÖ-Klubchef Josef Cap die Angriffe auf Bayr „schärfstens“ zurückwies, legte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) noch nach, warf der SP-Mandatarin eine „Entgleisung“ vor und sprach von „Halbwahrheiten“. Österreich gebe mehrere hundert Millionen für Entwicklungshilfe aus über internationale Finanzorganisationen – 2013 deutlich über 200 Millionen. 2015 seien es dann schon 301 Millionen.

Finanzministerin Maria Fekter

APA/Robert Jäger

Finanzministerin Maria Fekter

Sie bekenne sich dazu, so Fekter, dass bei diesen Institutionen die Entwicklungshilfe in den Ländern direkt ankomme. „Diese Entwicklungsinstitutionen, diese internationalen Banken haben auch die Kontrollmechanismen dazu, dass man sieht, was mit dem Geld passiert. Die reine Vereinsförderung hier in Österreich ist nicht ausreichend, um zu kontrollieren, wo das Geld denn hinfließt.“

Rupert Roniger, Geschäftsführer von Licht für die Welt, weist diese Kritik an den österreichischen Entwicklungshilfe-Organisationen gegenüber religion.ORF.at zurück. Auch hier seien regelmäßige Projektevaluierung und eine enge Begleitung der Projektpartner gewährleistet. „Fadenscheinige Ausreden helfen den Menschen in den Entwicklungländern nicht weiter“, so Roniger. "Wir laden die Frau Finanzministerin ein, sich selbst ein Bild von der Wirksamkeit der österreichischen Entwicklungshilfe zu machen.“

religion.ORF.at/KAP

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