Erste Seligsprechung eines Anti-Mafia-Priesters

Der 1993 von der sizilianischen „Cosa Nostra“ ermordete Priester Pino Puglisi ist Ende Mai in Palermo vor rund 80.000 Gläubigen in den Stand der Seligen erhoben worden.

Die katholische Kirche hat damit erstmals in ihrer Geschichte ein Mafia-Opfer seliggesprochen. Papst Franziskus ehrte Puglisi als einen „beispielhaften Priester“. Puglisi setzte sich in seiner Arbeit gegen die Machenschaften der sizilianischen Mafia ein.

Pino Puglisi wurde 1937 im Elendsviertel Brancaccio in Palermo geboren. Dort leitete er später ein Jugendzentrum. Als Priester kämpfte er gegen die sizilianische Mafia. Im vergangenen Jahr hatte der damalige Papst Benedikt XVI. die Anerkennung von Puglisis Martyriums offiziell gemacht und damit den Weg für dessen Seligsprechung bereitet.

Beispielhafter Priester

„Don Puglisi ist ein beispielhafter Priester gewesen, der sich besonders um die Jugendseelsorge gekümmert hat“, sagte Papst Franziskus im Anschluss an ein Angelus-Gebet in Rom. „Obwohl er getötet wurde, ist er es, der gewonnen hat, zusammen mit dem auferstandenen Christus.“ Der Pontifex bat die Gläubigen auf dem Petersplatz, für eine Umkehr der Mafiosi zu beten.

Während der Seligsprechung hatte der Erzbischof von Palermo, Kardinal Paolo Romeo, gesagt, Mafia-Bosse könnten nicht als Mitglieder der katholischen Kirche anerkannt werden, selbst wenn sie sich für religiös erklärten. Die von ihnen begangenen Morde zeigten ihr wahres Wesen, erklärte der Kardinal während der Zeremonie unter freiem Himmel.

Verehrungswürdig

Die Seligsprechung gilt als erster Schritt zur Heiligsprechung, der höchsten Auszeichnung, die einem verstorbenen Katholiken zuteilwerden kann. Die Seligsprechung erlaubt die offizielle Verehrung eines Verstorbenen in einer bestimmten Region, die Heiligsprechung dehnt diese Verehrung auf die gesamte katholische Weltkirche aus.

Pater Pino Puglisi war an seinem 56. Geburtstag, dem 15. September 1993, vor seinem Haus im Stadtviertel Brancaccio von vier Männern erschossen worden. Berichten zufolge lächelte er, als er sie sah. „Ich habe auf Euch gewartet“, soll der Priester gesagt haben, dessen Gemeinde in einem wegen hoher Kriminalität verrufenen Viertel lag. Der Mord an dem Geistlichen schockierte Italien, wo Mafiosi sonst dafür bekannt sind, regelmäßig zum Gottesdienst zu erscheinen.

Alle vier Täter wurden gefasst und zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwei von ihnen wandten sich später gegen die Mafia und wurden zu Kronzeugen in Prozessen, bei denen Dutzende Mafia-Mitglieder verurteilt wurden. Der Mord wurde von den örtlichen Mafia-Paten Filippo und Giuseppe Graviano angeordnet. Die beiden, die ebenfalls eine lebenslange Haftstrafe wegen des Mordes absitzen, waren offenbar wütend, dass Puglisi offen gegen die Mafia predigte und die Jugend aufforderte, sich von ihr abzuwenden.

Mitspieler und Gegner

„Es gab Kirchenleute, die mit der Mafia kooperierten, und dann gab es andere wie Puglisi, die dagegen kämpften“, sagte Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando. Erzbischof Vincenzo Bertolone sagte, die Mafia sei nicht allein ein kriminelles Phänomen, sondern eine Art Religion, die keinen anderen Glauben neben sich dulde. Puglisis Bruder Gaetano kritisierte jedoch in einem kürzlich erschienenen Buch, die Kirche habe den Pater damals allein gelassen. „Die Kirche spricht ihn nun selig, aber als er Hilfe brauchte, half ihm niemand.“

dpa/KAP