Initiative fordert Sterbehilfeverbot in Verfassungsrang

Eine neue, von ÖVP-Politikern und Kirchenvertretern getragene Initiative wirbt für ein verfassungsmäßiges Verbot der Sterbehilfe und einen Ausbau der Palliativmedizin.

An der Hand, nicht durch die Hand eines anderen Menschen solle man sterben. So hat ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg in Anlehnung an Kardinal Franz König die Forderung der neuen Initiative am Mittwoch in Wien zusammengefasst - an der Hand eines anderen Menschen durch den Ausbau von Palliative Care und Hospiz, statt durch die Hand eines anderen Menschen in Form eines aufgeweichten Verbots der Tötung auf Verlangen.

Bei einer Pressekonferenz im Parlament stellte Huainigg gemeinsam mit weiteren Vertretern aus Politik, Gesellschaft und Kirche eine Initiative vor, die sich für den Ausbau von Palliativmedizin und Palliativpflege und für eine Verankerung der Menschenwürde in Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung stark macht. Das Recht des Menschen auf Leben brauche rechtliche Verankerung, zugleich auch den Ausbau gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. „Bei einer adäquaten Begleitung und Betreuung entfällt zumeist der Wunsch des Patienten nach Tötung“, so Huainigg.

Günter Virt, Elfriede Gatterer,  Franz-Joseph Huainigg, Robert Oberndorfer

ÖVP-PK

v.l.n.r.: Günter Virt, Edeltraud Gatterer, Franz-Joseph Huainigg, Robert Oberndorfer

„Gatterer-Bericht“ als Grundlage

Wesentliche Grundlagen der Initiative sind der sogenannte „Gatterer-Bericht“ und die im Juni 1999 im Europarat beschlossene Empfehlung 1418 zum Schutz der Würde Sterbender. Der von den 47 Mitgliedsstaaten des Europarates mehrheitlich angenommene Bericht entstand aus einer Initiative der österreichischen Abgeordneten Edeltraud Gatterer und des Wiener Moraltheologen und ehemaligen Mitglieds der Bioethikkommission Günter Virt, der die Empfehlung 1418 ausarbeitete.

An zentraler Stelle (Artikel 9) halte die Empfehlung drei Punkte fest: „Erstens die Stärkung der Palliativmedizin und -pflege unter den Bedingungen der Hospiz. Zweitens die Stärkung des Patientenwillens durch die Rechtsform der Patientenverfügung, so dass es keine Behandlung gegen den Willen des Patienten geben darf. Und drittens die deutliche Absage an eine Tötung auf Verlangen“, so Virt bei der Pressekonferenz in Wien.

Wunsch nach Tötung kann nicht Rechtfertigung sein

Der Wunsch nach Tötung könne niemals Rechtfertigung sein, jemanden zu töten, so Virt. „Genauso kann auch der Wunsch nach Folter niemals Rechtfertigung sein, jemanden zu foltern.“ Das Wort „Sterbehilfe“ sei hier missverständlich. Denn „aktive Sterbehilfe“ bedeute eine intentionale Tötung durch den Arzt, der entgegen seines Berufsethos nach der Maxime handeln würde: „Du sollst tot sein und zwar sofort“, so Virt.

Die sogenannte „passive Sterbehilfe“ sei in Wahrheit ein Zulassen des Sterbeprozesses, der auf Wunsch des Patienten nicht künstlich verlängert werde: „Hier geht es um den Respekt vor dem zu Ende gehenden Leben, nicht um medizinisch-technische Beherrschung“.

Lag der Fokus der Hospiz zunächst auf Krebspatienten in ihren letzten Lebenswochen, sei die medizinische, pflegende und psychosoziale Hospiz mittlerweile auf alle Situationen des Sterbens als Lebensphase ausgeweitet worden, sagte Robert Oberndorfer, Geschäftsführer von Caritas Socialis (CS). „Hospiz bedeutet nicht nur elementare Palliativversorgung, sondern das Eingehen auf Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen“.

650 Millionen Zweckzuschuss für Hospiz

Mit Spenden allein könnten die Hospizdienste nicht aufrecht erhalten werden, es brauche vielmehr eine strukturierte Finanzierung, forderte der CS-Geschäftsführer. Ein Ausbauplan sei dazu zwar vorhanden, es fehle aber teils noch an der Umsetzung.

Im Ministerrat wurde in der Vorwoche ein zweckgebundener Zuschuss für die mobile Hospiz- und Palliativbetreuung im Pflegefondsgesetz beschlossen: Für das Jahr 2015 soll dieser Zuschuss 300 Millionen, für 2016 soll er 350 Millionen Euro betragen. Förderbar werden auch stationäre Kinder-Hospizdienste, was bislang weitgehend privat zu zahlen war.

Langfristiges Ziel müsse die Regelfinanzierung für die Hospizdienste sein, so Oberndorfer und Huainigg. Außerdem bestünden Versorgungslücken in der Kinderrehabilitation, etwa nach schwerer Erkrankung oder bei psychischen Problemen. Auch wenn in der Hospizversorgung in Österreich bereits viel geschehen sei, „flächendeckend ist sie noch nicht“, so Oberndorfer.

Die Forderung, das Verbot der aktiven Sterbehilfe in Verfassungsrang zu heben, wurde schon in den vergangenen Jahren immer wieder erhoben, so etwa 2010 von der Caritas und dem Dachverband Hospiz oder 2004 im Zuge des so gennanten Österreich-Konvents von Kardinal Franz König.

religion.ORF.at, KAP