Jesuitengeneral: Jesuit als Papst „bedeutet nicht viel“

Ob der Papst Jesuit ist oder nicht, ist für den Orden nebensächlich. Das beteuerte der Generalobere der Jesuiten, Adolfo Nicolas Pachon, am Wochenende bei seinem Österreich-Besuch.

Dass mit Papst Franziskus erstmals ein Jesuit an der Spitze der katholischen Kirche stehe, „bedeutet für uns nicht viel“ - das hat der Generalobere der Jesuiten, Adolfo Nicolas Pachon am Samstag im Rahmen seines Österreich-Besuchs erklärt. Die Jesuiten sähen sich jedem Papst zu besonderem Gehorsam verpflichtet, ihre Loyalität sei nicht von der Ordenszugehörigkeit des Papstes abhängig und habe auch Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. uneingeschränkt gegolten.

Die Jesuiten unterstützten alles, was Franziskus für das Beste für die Kirche hielte, stellte Nicolas bei einem Pressegespräch im Wiener Kardinal-König-Haus klar - ohne sich durch dessen geistliche Wurzeln irgendwelche Privilegien zu erwarten.

Jesuitengeneral Adolfo Nicolas Pachon

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Der Generalobere der Jesuiten, Adolfo Nicolas Pachon

Der 77-jährige gebürtige Spanier, der vor knapp drei Wochen auch zum neuen Präsident des internationalen Verbands der Generaloberen der religiösen Orden (USG) gewählt wurde - mehr dazu in Weltkirche: Jesuitengeneral neuer Sprecher der Orden -, besuchte anlässlich des Jubiläums „450 Jahre Jesuiten in Österreich“ hiesige Einrichtungen des Ordens und nahm an Feierlichkeiten teil.

Die österreichische Jesuitenprovinz bezeichnete er als eine zwar kleine, aber „kreative und dynamische“ im Ensemble der weltweiten Provinzen der Gesellschaft Jesu. Höhepunkt der Feierlichkeiten war am Sonntag eine Festmesse im Stephansdom und ein anschließender Empfang im Wiener Erzbischöflichen Palais.

Jesuitengeneral nicht „schwarzer Papst“

Der Bezeichnung des Generaloberen der Jesuiten als „schwarzer Papst“, dem ähnlich viel Einfluss zugesprochen wird wie dem „weißen Papst“ auf dem Stuhl Petri, kann Nicolas wenig abgewinnen. Er verstehe seine Rolle als dienende und in keiner Weise als Macht ausübende. Priorität habe dabei die von der lateinamerikanischen Befreiungstheologie formulierte, aber zum Grundbestand des Christentums gehörende „Option für die Armen“. Auch Benedikt XVI. habe bei einem Besuch in der römischen Ordenszentrale der Jesuiten diese Ausrichtung explizit unterstrichen.

Festmesse zum 450-jährigen Jubiläum der Jesuiten in Österreich

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Festmesse im Wiener Stephansdom zum 450-jährigen Bestehen der österreichischen Ordensprovinz der Jesuiten

Die Jesuiten würden versuchen, das Leben der Menschen im Geist Christi „menschlicher zu machen“ - das sei die Hauptaufgabe seines Ordens seit der Gründung durch Ignatius von Loyola, so der Jesuitengeneral. Leid in Form von Gewalt, Krieg oder Armut solle gelindert werden.

Die jeweiligen Herausforderungen seien dabei freilich geschichtlichen Veränderungen unterworfen: Aktuell befinde sich die Menschheit in einer medialen Revolution durch die weite Verbreitung digitaler Medien. In der modernen Informationsflut sei die Suche nach der Wahrheit schwierig geworden, meinte Nicolas.

Zugleich ergäben sich durch das Internet auch neue Chancen. Kürzlich habe er etwa ein Camp des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes (Jesuit Refugee Service, RFS) im afrikanischen Malawi besucht, wo junge Flüchtlinge online studierten. Auch er selbst nütze das Internet und belege an der Harvard Unitversity Online-Kurse über Themen wie Gerechtigkeit und Globalisierung, erklärte Nicolas.

Die gegenwärtige Krise des Glaubens in Europa verglich der Jesuitengeneral mit dem babylonischen Exil des Volkes Israel. Auch dieses habe einen Glaubensverlust mit sich gebracht, die Mahnungen der Propheten seien verstummt. Gleichzeitig sei aber auch neue Weisheitsliteratur entstanden, die jetzt die jüngsten Bücher des Alten Testaments bilden. Auch heute müsse die Kirche also eine „neue Sprache lernen, um die Herzen der Menschen zu berühren“, so Nicolas.

Missbrauchsskandal beendet Klerikalismus

Der Jesuitenorden überlasse den einzelnen Provinzen viel Eigenverantwortung bei der Bewältigung anstehender Herausforderungen. Beim Umgang mit sexuellem Missbrauch etwa gebe es keine zentrale „Superbehörde“, lediglich Richtlinien wie das Ernstnehmen von Vorwürfen, deren faire Prüfung, Opferschutz und Prävention. Nicolas gestand, dass die in den letzten Jahren bekanntgewordenen Fälle so „unglaublich schlimm“ gewesen seien, dass das Akzeptieren anfangs schwergefallen sei. Jetzt aber würden klare Konsequenzen gezogen.

Einen positiven Nebeneffekt hätten die Missbrauchsskandale freilich gehabt, so der Jesuitengeneral: Er habe das Ende eines Klerikalismus und kirchlichen Triumphalismus gebracht und das Wort „Wir sind alle Sünder“ jeder Phrasenhaftigkeit entkleidet.

Auf die Nachwuchsprobleme der Jesuiten trotz der Tatsache, dass der Orden mit rund 18.000 Mitgliedern immer noch der zahlenstärkste der katholischen Kirche ist, blickt der Generalobere mit Optimismus. Die „Talsohle“ sei erreicht und werde bald überwunden sein, denn zum einen habe die Kirche in Ländern wie Indien, Vietnam, auf den Philippinen oder in Afrika viel Zulauf, zum anderen wolle im Westen eine zunehmende Zahl junger Menschen etwas Sinnvolles mit ihrem Leben anfangen.

KAP

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