Wenn Kirchen keine Kirchen mehr sind

In Linz wurde am vergangenen Wochenende im Zuge einer Tagung über Zukunftsperspektiven bei der Nutzung von Sakralbauten diskutiert. Schon heute werden zahlreiche Kirchen zu profanen Zwecken verwendet.

Was passiert mit einer Kirche, die niemand mehr braucht? Der schwindende Gottesdienstbesuch und auch der Priestermangel haben Auswirkungen auf die Nutzung von kirchlichen Gebäuden. Sakralräume werden schlichtweg weniger verwendet und laufen im Extremfall Gefahr, zu verfallen.

Einen wissenschaftlichen Blick auf diese Problematik warfen die Teilnehmer der interdisziplinären Fachtagung zum Thema „Zukunftsperspektiven für die Nutzung von Sakralräumen“, die kürzlich in Linz als erste österreichische Veranstaltung dieser Art stattfand. Veranstalter war das Kunstreferat der Diözese gemeinsam mit dem Architekturforum OÖ und dem Bundesdenkmalamt.

Die spirituellen Bedürfnisse der Menschen seien heute nach wie vor groß, daher würden Sakralräume „aufgesucht und geschätzt“, heißt es in einem Bericht der Diözese Linz über die Tagung. Dennoch ist man in manchen Fällen gezwungen, Räume aufzugeben oder einer anderen Verwendung zuzuführen.

Vom Wohnhaus bis zum Feuerwehrdepot

Im In- und Ausland gebe es zahlreiche Beispiele für eine solche Profannutzung derartiger Gebäude, wie mehrere Fachleute darlegten. Demografische, soziale oder pastorale Umbrüche wie etwa in der Reformationszeit oder durch die Reformen Josephs II. hätten schon in ferner Vergangenheit dazu geführt, dass Sakralbauten profanisiert wurden, führte die Wiener Architektin Jessica Wehdorn aus.

Wehdorn machte im Rahmen ihrer Forschungen 71 profanisierte Kirchengebäude in Österreich ausfindig, deren Nutzung vom Wohnhaus bis hin zum Feuerwehrdepot reichte. Derzeit steht in Österreich allerdings kein konkreter Kirchenraum für eine profane Umnutzung zur Debatte.

Emotionale Trennung

Auf viele diesbezügliche Erfahrungen kann man auch im Nachbarland Deutschland zurückgreifen. Walter Zahner, Kurator bei der Deutschen Bischofskonferenz, stellte in seinem Vortrag zahlreiche Beispiele für neue Nutzungskonzepte von Kirchenräumen dar. Die Bandbreite reicht von einem Sozialzentrum, einer Ausgabestelle für Essen an Bedürftige bis hin zu einem Archiv oder zu Urnenbegräbnisstätten.

Katrin Bauer, Kulturanthropologin an der Universität Bonn wies darauf hin, dass die Transformation ehemaliger kirchlicher Räume oft einhergehe mit starken Emotionen. Kollektive Erinnerungen und der „Verlust von sozialer Heimat“ spielten dabei eine Rolle. Bauer empfahl, dass alle Beteiligten möglichst zeitgerecht in den Kommunikationsprozess mit einbezogen werden.

Bernd Euler-Rolle vom Bundesdenkmalamt und die oberösterreichische Landeskonservatorin Ulrike Knall-Brskovsky beleuchteten die Problematik von Kirchenschließungen oder Umnutzungen aus der Sicht der Denkmalpflege. Denkmäler seien sichtbare Spuren des Zeitenlaufs, Kirchen darüber hinaus Zeichen des örtlichen Glaubens und somit die Mitte der Gemeinschaft. Diese geheiligten Orte hätten also besonderen Respekt verdient, heißt es in dem Bericht der Diözese Linz. In Oberösterreich sind rund 70 Prozent des Denkmalbestands in kirchlicher Hand.

KAP