Koptische Katholiken: „Ägypten auf dem richtigen Weg“

Der koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Isaac Sidrak begrüßt die aktuellen Entwicklungen in Ägypten. Rafik Greiche von der katholischen Bischofskonferenz meint, die Absetzung Mursis sei kein Staatsstreich.

„Das ägyptische Volk hat friedlich seine Heimat wiedergewonnen. Auf diese Weise hat es der Welt gezeigt, dass es ein zivilisiertes Volk ist - trotz der großen Probleme, mit denen es sich auseinandersetzen muss“: Mit diesen Worten beschrieb der koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Isaac Sidrak am Donnerstag im Gespräch mit der vatikanischen Nachrichtenagentur „Fides“ die Situation in Ägypten nach der Absetzung von Präsident Mohammed Mursi.

Wörtlich sagte Sidrak: „Verschiedene Signale zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Fehler des Jahres 2011 werden nicht wiederholt werden, als man in der Euphorie über das politische Ende Mubaraks alles Übrige aus dem Blick verloren hat und viele Dinge unbestimmt blieben“.

Pater Rafik Greiche, Presseverantwortlicher der ägyptischen katholischen Bischofskonferenz

Kirche in Not

Pater Rafik Greiche

Greiche: „Kein Staatsstreich“

Rafik Greiche, Presseverantwortlicher der katholischen Bischofskonferenz in Ägypten betonte gegenüber dem internationalen katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“, dass es sich bei der Absetzung des islamistischen Präsidenten Muhammad Mursi durch das Militär nicht um einen Staatsstreich handele. „Die Armee hat den Willen des Volkes ausgeführt. Diesen haben sie in den letzten Tagen durch Millionen Unterschriften und gewaltige Demonstrationen in Kairo und dem ganzen Land unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.“

Insgesamt gab sich Greiche optimistisch für die politische Zukunft Ägyptens. „Die nicht-islamistische Opposition hat zu neuer Einheit gefunden. Das Entscheidende ist aber, dass die Jugend die Politik anführt und nicht umgekehrt. Die jungen Leute vom Tahrirplatz müssen jetzt einbezogen werden. Man darf sie nicht noch mal ausschließen wie nach der Revolution von 2011.“

Nächste Schritte „gut vorbereitet“

Diesmal seien die nächsten Schritte gut vorbereitet, nach der Angelobung des Interimspräsidenten Adly Mansour werde man Schritt für Schritt die demokratische Ordnung voll wiederherstellen, so Sidrak. Zweifellos sei die wirtschaftliche Situation in Ägypten Besorgnis erregend, die Menschen könnten vor diesem Hintergrund leichter durch die Sirenentöne der Propaganda manipuliert werden, so der koptisch-katholische Patriarch. Die militanten Anhänger Mursis seien sich bewusst, verloren zu haben, und das könne Rachegefühle auslösen.

Man müsse die Muslimbrüder überzeugen, dass auch für sie Platz im Land sei, die Voraussetzung dafür sei aber, „dass sie sich als Ägypter benehmen“. Das Volk habe unter Mursi ein „schwarzes Jahr“ erlebt und werde nie mehr zulassen, dass diese Herrschaft zurückkehrt, so Sidrak. Und Greiche betonte weiter, dass es jetzt die Aufgabe der Kairoer Azhar-Universität, der wichtigsten islamischen Institution des Landes, sei, die von der Ideologie der Muslimbrüder irregeführten jungen Menschen auf den rechten Weg zurückzuführen. „Ja, Ägypten ist ein religiöses Land. Das gilt für Muslime und Christen. Die Ägypter sind aber keine Fundamentalisten“, so Greiche.

„Muslimbrüder nicht verbannen“

Aber es gebe es auch viele Mitbürger, die den radikalen Überzeugungen der Muslimbrüder anhängen. Daher solle man die Muslimbrüder nicht von der politischen Bühne verbannen, aber sie müssten „wie eine politische Partei“ agieren, die die demokratischen Spielregeln respektiert. Sidrak: „Jeder kann seinen religiösen Glauben in der Kirche oder in der Moschee leben, aber er darf nicht versuchen, die religiösen Vorschriften durch Gesetz den anderen aufzuzwingen“.

Vermutlich als Racheakt für die Entmachtung Mursis ist es in Delgia, einem Dorf im Gouvernement Minya, zu einem Brandanschlag von Islamisten auf die örtliche katholische Kirche und das Pfarrhaus gekommen. Die Islamisten raubten das Pfarrhaus aus und setzten Kirche und Pfarrhaus in Brand.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Mursi-Absetzung: Christen großteils erleichtert (religion.ORF.at; 4.7.2013)

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