Theologe: „Einigung mit Piusbrüdern wäre Selbstmord“

Der katholische Theologe Wolfgang Beinert gibt einer Einigung zwischen dem Vatikan und der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ keine Chance. Sie wäre für beide Seiten „theologischer Selbstmord“.

Der Theologe Wolfgang Beinert

ORF

Wolfgang Beinert

„Das, was die Piusbrüder vertreten und was die Lehre des Konzils ist, zu der sich die Päpste ausnahmslos bekennen, ist diametral entgegengesetzt“, sagte der emeritierte Professors für Dogmatik und ehemalige Assistent von Joseph Ratzinger am Mittwoch laut deutscher katholischer Nachrichtenagentur KNA in einem „Domradio“-Interview.

Es gebe daher nur eine Einigung, wenn einer nachgebe. „Und das würde für beide Seiten den theologischen Selbstmord bedeuten. Den kann der Papst nicht begehen und den kann auch die Piusbruderschaft nicht begehen, sonst gäbe sie sich selber auf“, so Beinert weiter.

Versuch der Einigung unter Benedikt XVI.

Dass Benedikt XVI. der Priesterbruderschaft während seiner Zeit als Papst entgegengekommen war und 2009 die Exkommunikation von vier Bischöfen aufhob, war laut Beinert der Versuch, die Einigung in der Kirche zu wahren. „Auf Grund seiner Amtsauffassung musste er eine Einigung suchen“, so der Theologe.

Falls es in der Zukunft zu einem endgültigen Bruch mit der lefebvrianischen Vereinigung kommen sollte, werde das die Gruppe schwächen, aber nicht auflösen. „Es ist noch nie eine Sondergruppe wirklich untergegangen in der Kirchengeschichte, aber sie spielen dann eine völlig marginale Rolle und sind nicht mehr in der Lage, irgendwie das Geschehen zu beeinflussen und damit dann kirchlich effizient zu werden“, sagte Beinert.

Der Generalobere der Piusbruderschaft, Bernard Fellay

APA/EPA/Olivier Maire

Der Generalobere der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“, Bernard Fellay

1969 gegründet

Die „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Sie lehnt die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Streitpunkte sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene.

Die Piusbruderschaft sieht sich als Bewahrerin der Tradition der „Heiligen Römischen Kirche“. 1975 entzog Rom ihr die kirchenrechtliche Zulassung. Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu.

Papst Benedikt XVI. hob 2009 als Versöhnungsgeste die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen. Seit Frühjahr 2012 ist der Prozess offenbar zum Stillstand gekommen.

KAP

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