WJT: Rio rechnet mit Protesten und weniger Gästen

Die Organisatoren des katholischen Weltjugendtags, der kommende Woche in Rio de Janeiro startet, rechnen mit Demonstrationen und weniger Besuchern als ursprünglich angenommen.

Eine Woche vor dem Start des Weltjugendtags (WJT) im brasilianischen Rio de Janeiro rüsten sich die Organisatoren für mögliche Proteste. Zugleich spekulieren lokale Medien angesichts eventueller Demonstrationen über einen Rückgang bei den Teilnehmerzahlen. Statt von insgesamt zwei bis drei Millionen WJT-Gästen ist nun häufiger von 1,5 Millionen die Rede.

WJT-Koordinator Leonardo Maciel sagte am Freitag gegenüber dem Onlinedienst Terra, die Zahl der Dauerteilnehmer, die sich für das fünftägige katholische Jugendtreffen eingeschrieben hätten, liege bei rund 320.000 und werde noch auf 400.000 steigen. Für den abschließenden Höhepunkt der Veranstaltung, den Gottesdienst am 28. Juli rechnet man allerdings nach wie vor mit großem Andrang.

Demonstrantion während des Confederations Cup in Brasilien

Reuters/Ricardo Moraes

Der Confed Cup im vergangenen Juni wurde von heftigen Protesten überschattet

30 Festnahmen in Favela

Am vergangenen Wochenende hat die Polizei in Rio de Janeiro bei einem Großschlag gegen Drogengangs mindestens 30 Menschen in einer Armensiedlung festgenommen. Für den „Bewaffneter Frieden“ genannten Einsatz am Wochenende in der Favela Rocinha lagen der Polizei zufolge 58 Gerichtsbeschlüsse vor. 21 Personen wurden per Haftbefehl abgeführt, neun weitere bei Delikten direkt erwischt.

Die Polizei geht davon aus, dass sich rund 90 Drogenhändler weiter in Rocinha aufhalten, der mit über 70.000 Einwohnern größten Favela der Sechs-Millionen-Stadt Rio. Papst Franziskus will während seines Besuches ebenfalls eine Favela in der Stadt am Zuckerhut besuchen.

Koordinator gelassen

Koordinator Maciel zeigte sich im Hinblick auf mögliche Massenkundgebungen und andere Störungen des Events dennoch gelassen. Die Stadt sei darauf vorbereitet. Davon abgesehen zögen Großveranstaltungen wie der WJT stets Demonstranten an. „Es wird Schwulenvertreter geben, die sich öffentlich küssen, es wird Manifestationen von Prostituiertenverbänden geben.“ Solche Aktionen gehörten mit dazu, so der Koordinator. „Jeder hat das Recht, zu demonstrieren.“

Beim Confed Cup, den der Fußballweltverband FIFA in der zweiten Juni-Hälfte in Brasilien veranstaltet hatte, war es zu zahlreichen Protesten gekommen. Die Demonstranten warfen der Regierung vor, soziale Interessen zugunsten des Fußballs zu vernachlässigen. Der Confed-Cup gilt als „Generalprobe“ für die die Fußball-Weltmeisterschaft, die im Jahr 2014 ebenfalls im größten Land Südamerikas stattfinden wird und bereits Milliardensummen verschlungen hat. Medienberichten zufolge sind auch im Umfeld des WJT Großdemonstrationen geplant.

Baustelle einer großen Tribüne für den Weltjugendtag am Copacabana-Strand in Rio

Reuters/Sergio Moraes

An der Copacabana wird an einer riesigen Bühnenkonstruktion für den Weltjugendtag gearbeitet

4.000 Reisebusse erwartet

Der Weltjugendtag in Rio trägt das Motto „Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker der Erde“. Der Besuch bei dem Jugendtreffen ist zugleich die erste Auslandsreise von Papst Franziskus. Aus Österreich werden etwa 560 Jugendliche nach Brasilien reisen, aus Deutschland rund 1.800. Den Großteil der Teilnehmer stellen voraussichtlich Brasilien selbst und seine Nachbarstaaten.

Die aus ganz Lateinamerika erwarteten 4.000 Reisebusse werden den Angaben der Stadtverwaltung zufolge nicht nach Rio einfahren dürfen, sondern auf Parkplätzen in der Peripherie geleitet. Von dort aus müssten die Pilger mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Zentrum fahren, so WJT-Koordinator Maciel. In die Verbesserung des Nahverkehrs sei nicht zuletzt aus diesem Grund in den vergangenen Jahren massiv investiert worden. Dauerteilnehmer sollen ein Ticket erhalten, das für den gesamten Zeitraum der Veranstaltung gültig ist.

Militär sorgt für Sicherheit bei Abschlussmesse

Bei der Abschlussmesse auf dem Campus-Fidei-Gelände ist Brasiliens Militär für die Sicherheit zuständig. Ursprünglich hätte ein privater Event-Veranstalter für die Ordnung der Menschenmassen verantwortlich sein sollen. Mehr als 3.000 Soldaten sollen nun laut brasilianischen Medienberichten für die Sicherheit von Papst Franziskus und der erwarteten Pilgermassen auf dem riesigen Gelände im Einsatz sein.

Das Militär will 1.500 Männer einer Brigade aus Minas Gerais nach Rio verlegen, die auf dem Gelände der Abschlussmesse für die Sicherheit verantwortlich sein werden. Sie unterstützen damit rund 1.300 Soldaten der Nationalen Eingreiftruppe, die an den Zugängen zu dem 3,5 Millionen Quadratmeter großen Gelände eingesetzt werden.

Laut deutscher katholischer Nachrichtenagentur KNA werden auch rund um den Altar, von dem aus Papst Franziskus die Messe zelebriert, 600 Soldaten positioniert. Dazu kommen 80 Polizisten der Bundespolizei sowie die persönlichen Securityleute des Papstes.

Insgesamt 10.200 Soldaten

Insgesamt wird das brasilianische Militär während des Weltjugendtags statt der ursprünglich geplanten rund 8.500 Mann nun 10.200 Soldaten einsetzen. Eigentlich sollte ein von den Organisatoren beauftragtes Privatunternehmen für die Ordnung auf dem Feld sorgen, während das Militär lediglich die Zugänge kontrolliert. Probleme bei der Einstellung und Schulung der privaten Sicherheitsleute führten aber zu der Entscheidung, auch diese Aufgabe dem Militär zu übertragen.

Vergangene Woche hatten die WJT-Organisatoren bereits die Verantwortung für die medizinische Betreuung der Millionen Pilger an die Stadtverwaltung übertragen. Auch hierfür sollte ursprünglich der private Event-Veranstalter zuständig sein. In den Medien wurde darüber spekuliert, dass finanzielle Engpässe der WJT-Organisatoren für die Probleme verantwortlich seien.

Die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft hatte in der Folge grundsätzliche Zweifel an der Bereitstellung öffentlicher Gelder für den Weltjugendtag geäußert, den sie als privaten Event ansah. Ein Gericht stützte allerdings am Donnerstagabend die Ansicht der Organisatoren, dass es sich um eine öffentliche Veranstaltung handle.

KAP/dpa/APA/religion.ORF.at

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