Georg Ratzinger: Bruder kannte Bergoglio nicht gut

Papst Franziskus war für seinen Vorgänger offenbar ein unbeschriebenes Blatt. Benedikt XVI. habe nie über Jorge Mario Bergoglio gesprochen, sagte der Bruder des früheren Papstes, Georg Ratzinger.

Das äußerte Ratzinger in einem am 23. April 2013 geführten Interview mit dem Düsseldorfer Journalisten Michael Hesemann, das am Mittwoch in dessen Buch „Papst Franziskus. Das Vermächtnis Benedikts XVI. und die Zukunft der Kirche“ im Münchner Herbig-Verlag veröffentlicht wurde. „Ich glaube, er kannte ihn nicht gut, wohl eher nur oberflächlich“, so der Bruder des emeritierten Kirchenoberhaupts laut der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA.

Georg Ratzinger

APA/dpa/Armin Weigel

Georg Ratzinger

Ratzinger sagte, sein Bruder wisse, „dass er sich noch großer Wertschätzung erfreut und dass der neue Stil, den sein Nachfolger eingeführt hat, noch ungewohnt ist für die Leute und einigen auch Schwierigkeiten bereitet, weil er doch vieles einfach anders macht, als es bisher gewesen ist“.

Amtsverzicht war „große Befreiung“

Auf die Frage, ob Benedikt XVI. die Neuerungen begrüße, antwortete der frühere Regensburger Domkapellmeister: „Er spricht eigentlich nie darüber, denn er will seinem Nachfolger ja nicht im Wege stehen und ihm in keinster Weise Schwierigkeiten oder Probleme bereiten. Aber er schätzt ihn auch sehr.“

Wie Georg Ratzinger weiters sagte, sei für Papst Benedikt XVI. der Amtsverzicht „eine große Befreiung“ gewesen. Nach einer Zeit der Umstellung „wirkt er geradezu erleichtert und scheint sich allmählich zu erholen“. Die Enttäuschung über den „Vatileaks“-Skandal hätten für den Rücktritt seines Bruders keine Rolle gespielt, so der 89-Jährige. Auch sei es nicht richtig, dass Benedikt XVI. aus Angst vor einem Schlaganfall zurückgetreten sei. Sein Bruder habe auch „keine akute Krankheit“.

Anforderungen an Papst gestiegen

Ratzinger sagte, die Entscheidung des emeritierten Papstes sei nach seiner Rückkehr aus Mexiko Ende März 2012 gewachsen. Damals hätten ihm die Ärzte davon abgeraten, noch einmal so weit zu reisen. Weil aber der Weltjugendtag in Brasilien und ein Besuch auf den Philippinen angestanden habe, „glaubte er, nicht mehr der Richtige zu sein für das Amt“. Die Anforderungen an einen Papst seien heute viel größer als noch vor 50 Jahren. „Da muss man einfach halbwegs im Vollbesitz seiner Kräfte sein und kann sich nicht, wie es früher war, einfach zurückziehen.“

Nach Auskunft seines Bruders wird Benedikt XVI. nichts mehr schreiben. „Sein schriftstellerisches Werk ist abgeschlossen, es wird keine weiteren Veröffentlichungen geben“, beschied Georg Ratzinger.

KAP