Kirchliche Kritik an FPÖ-Wahlplakaten

Mehrere Kirchenvertreter - sowohl evangelische als auch katholische - haben die am Montag vorgestellten Wahlplakate der FPÖ kritisiert, auf denen mit dem christlich geprägten Begriff der „Nächstenliebe“ geworben wird.

Die Plakate zeigen neben den Konterfeis von Parteichef Heinz-Christian Strache und jeweils einer anderen Person die biblische Botschaft „Liebe deinen Nächsten“, ergänzt durch „Für mich sind das unsere Österreicher“.

Mit dem christlichen Verständnis von Nächstenliebe habe das allerdings nichts zu tun, meint etwa der Direktor der evangelischen Diakonie, Michael Chalupka. Als Jesus gefragt wurde: „Wer ist mein Nächster?“, habe er mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter - einem „Ausländer“, geantwortet, so Chalupka.

Diakonie-Direktor Michael Chalupka

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Michael Chalupka

Strache hatte am Montag bei der Präsentation der Plakatserie für die bevorstehende Nationalratswahl von einem „Positivwahlkampf“ gesprochen, den die FPÖ anstrebe. Dies solle mit den genannten Slogans und auch mit der Aufforderung „Höchste Zeit für ‚Nächstenliebe‘“ erfolgen.

„Keine Abstandsmessung“

Der Begriff Nächstenliebe „verführt zu Spekulationen, wie nahe einem der, den es zu lieben gilt, denn sein soll“, erklärte Chalupka. Dass „eine Abstandsbestimmung“ suggeriert werde - nämlich dass das Nahe mehr geliebt wird als das Ferne -, entspreche der Alltagserfahrung, wenn sich z.B. in der Liebe der Mutter zum Kind oder jener zwischen Mann und Frau Liebe und Nähe vereinen.

Wenn Jesus den als vorbildlich darstelle, der einem fremden Überfallenen spontane Hilfe zukommen lässt, während dies ein Priester und ein Einheimischer verabsäumen, dann bekomme „Nächstenliebe“ einen viel weiteren Horizont, so Chalupka. Genau darum gehe es aber: „Die Frage ist nicht, wer ist uns nah, sondern, sind wir bereit, selbst zum Nächsten zu werden?“ Nächstenliebe sei „keine Abstandsmessung, sondern eine Aufgabe, die sich Christinnen und Christen täglich aufs Neue stellen kann“.

Heinz-Christian Strache und Herbert Kickl vor einem Plakat mit der Aufschrift "Liebe deinen Nächsten. Für mich sind das die Österreicher"

APA/Helmut Fohringer

Heinz-Christian Strache und Hebert Kickl bei der Vorstellung der neuen Plakatkampagne am Montag

„Hat nichts mit christlichem Verständnis zu tun“

Neben Chalupka meldeten sich auch der Bischof der evangelischen Kirche A.B., Michael Bünker, sowie Oberkirchenrätin Hannelore Rainer zu Wort. Beide kritisierten gegenüber dem Evangelischen Pressedienst die „missbräuchliche“ Verwendung des Begriffs Nächstenliebe. Die von der FPÖ vertretene Beschränkung allein auf Einheimische habe „nichts mit dem christlichen Verständnis von Nächstenliebe zu tun“.

„Offenbar kann es die FPÖ nicht lassen, auf ihren Wahlplakaten auf religiöse Symbole zurückzugreifen“, merkte Bischof Bünker an. Und Reiner betonte, Nächstenliebe könne und dürfe nicht auf „unsere Österreicher“ verengt werden.

Den „Nächsten“ nicht aussuchen

Vonseiten der katholischen Kirche reagierte zunächst Jugendseelsorger Gregor Jansen - laut Selbstbeschreibung „Priester der Erzdiözese Wien mit rheinischem Migrationshintergrund“ - kritisch auf die neue Wahl-Kampagne.

In seinem Blog schrieb Jansen am Montag, es wäre "grundsätzlich erfreulich, hätte die FPÖ für ihren Wahlkampf die Nächstenliebe entdeckt - „gerade angesichts einer Partei, die jahrzehntelang durch hetzerische Kampagnen aufgefallen ist“. Die jetzige Konkretisierung hinterlasse jedoch einen „unschönen Nachgeschmack“. Denn Parteichef Strache wolle nur die Österreicher in den Genuss seiner „Nächstenliebe“ kommen lassen.

Jesu Gleichnis vom barmherzigen Samariter sagt laut Jansen jedoch gerade, „dass wir uns nicht aussuchen können, wer denn unser Nächster ist“. Geradezu „polemisch“ weise Jesus darauf hin, dass nicht etwa die „wegschauenden“ Priester und Levit sich als hilfreiche „Nächste“ erweisen, sondern der „andersgläubige (!) Ausländer (!!)“.

Für Christen gelte nach diesem Gleichnis die „glasklare“ Richtschnur, so Jansen: „Lebe so, dass du dich dem gegenüber, der es jetzt braucht, als Nächster erweist. Unbesehen seiner Herkunft, seiner Religion oder seiner Hautfarbe. Oder seiner Staatsangehörigkeit.“

Kritik von Katholischer Jugend

„Wir lehnen diese Kampagne entschieden ab!“, kommentierte am Montag auch die Katholische Jugend der Erzdiözese Wien die Plakatkampagne der FPÖ. Die KJ habe erst kürzlich bei ihrer gemeinsamen Hochwasser-Hilfsaktion mit der Muslimischen Jugend Österreich bewiesen, „dass es keine Grenzen gibt, wenn man ein gemeinsames Ziel hat“. Dann seien „die Herkunft oder der Glaube wurscht!“, so KJ-Vorsitzender Stefan Frühwald in einer Aussendung. Hier könnten „die Erwachsenen von den Jugendlichen noch was lernen.“

KAP

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